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Das erste Mal, dass ich ahnte: „Es gibt ihn doch“, war noch am Anfang der Reha in der Schweiz. Gerade fing mir an zu dämmern, dass ich diesmal nicht glimpflich davongekommen war. Ich würde nicht wie nach meinen sonstigen Unfällen auf meinen eigenen Beinen gesund und munter die Klinik verlassen. Es sah richtig übel aus und vermutlich würde es auch so bleiben. Du wirst nie wieder laufen können, nie wieder selbstständig leben.

Alles, was mir auch nur irgendwie, irgendwann mal vorgeschwebt hatte, lag nun in Ruinen vor mir. Drei endlose Monate lang hatte ich auf dem Rücken gelegen, mit dem Kopf eingespannt in einer Schraubstockkonstruktion. Kurz nachdem ekelhafte, demütigende Dinge mit mir gemacht worden waren, „durfte“ ich ein paar Minuten im Rollstuhl sitzen. Man fuhr mich auf den Balkon. Schmerzen. Frustration. Alle Träume für ewig zerplatzt?

Das Leben geht weiter,
als man denkt

Inhalt

Einleitung

Nah an der Sonne gebaut

Ge-Niesen und andere Glücksmomente

Was ist Glück?

Im Rollstuhl auf die Bühne

Schauspielstudium „ohne Körper“

Kafka und die „geführte Bewegung“

Vorspiel

Bildteil 1

Ich bin so reich

Nutzlos oder wertvoll?

Philippe Pozzo und das Querschnitts-Business

Afrika mit und ohne Barrieren

Grenzen

Schein und Sein

Pflegenotstand

„Das geht nicht!“

Was noch geht

Samuel & Samuel

Zurück in die Zukunft

Sturm der Liebe

Hilfe, keine Termine!

Alles nur in meinem Kopf

Was ich vermisse

Tot bin ich noch lange genug

Freiheit und Abhängigkeit

Freundschaft

Ist ein normales Leben denn zu viel verlangt?

Heaven Is a Halfpipe

Dank

Viten

Quellenhinweise

Bildteil 2

Lieber Samuel,

als ich Dich für „Honig im Kopf“ gecastet habe, war ich von Dir bereits als Mensch und dann auch als Schauspieler beeindruckt. Seitdem haben wir gemeinsam einen Kinofilm gedreht, einige Feste gefeiert und sogar die letzte Folge von „Wetten, dass ..?“ durchgestanden. Jetzt lese ich Dein Buch und bin erneut beeindruckt: Deine „Kopfgrütze“, wie Du es nennst, ist so ziemlich das spannendste, rührendste, traurigste und wahrhaftigste Buch, das ich in der letzten Zeit gelesen habe.

Wenn Du beschreibst, wie nach Deinem Unfall schon beim Aufrichten des Bettes der Kreislauf kollabierte, wie Du unter Schmerz- und Aufputschmitteln nach drei Monaten zum ersten Mal im Rollstuhl sitzen konntest und wie Dich die absurde Freude des Klinikpersonals wunderte, als Du zum ersten Mal ohne Medikamente nackt im Duschrollstuhl saßst, ist der Kloß im Hals so dick, dass man nicht weiß, ob man lächeln oder weinen soll.

Während sich die meisten Autoren vor Unannehmlichkeiten drücken, gehst Du sprachlich mit offenem Visier ins Gefecht. Du stößt den Leser vor den Kopf, provozierst und kitzelst so manches Schmunzeln hervor. Dein Buch verstört, berührt und bewegt. Oftmals alles drei zugleich.

Mit Gedanken in Lichtgeschwindigkeit analysierst Du Dein eigenes Leben, unsere Gesellschaft und unsere Wertvorstellungen. Es scheint, als fließe Deine ganze Energie (die sich beim Betrachten unsortierter Kleiderbügel aufstaut) in kleine literarische Rundumschläge, mit denen Du schonungslos die ganze Welt in Wahrheiten zerlegst.

Dabei glückt Dir ein hochphilosophisches Buch, das durch den Blick des Tetraplegikers dem Leser viel mehr über sich selbst verrät, als es irgendjemand sonst vermitteln könnte.

Deshalb bin ich froh, dass Du nicht tust, was Dir am liebsten wäre: Ich bin froh, dass Du nicht in der Masse untergehst, sondern auffällst. Dass Du Deine Stimme erhebst und Dich mitteilst. Ich bin froh, dass Du ein Buch wie dieses schreibst, und ich bin froh, dass Du Deinen Lesern schenkst, was unser Leben erst lebenswert macht: Hoffnung zu lieben, Hoffnung zu lachen und Hoffnung zu leben.

Und dafür möchte ich Dir danken.

Dein Til

Til Schweiger, geb. 1963, ist Schauspieler, Regisseur, Drehbuchautor und Produzent. Er gilt als größter deutscher Filmstar und ist als Filmemacher für die erfolgreichsten deutschen Kinoproduktionen der vergangenen Jahre verantwortlich. Mit dem Film „Honig im Kopf“ feierte er bislang seinen größten Erfolg mit 7 Millionen Zuschauern.

Einleitung

Das Einzige, das man sich jederzeit nehmen darf, ohne danach sitzen zu müssen, ist Platz. Also nehmen Sie Platz und blättern ein wenig …

Heinz Erhardt

„Ach, ein Artgenosse!“, denke ich, wenn ich auf der Straße einen Rollstuhlfahrer sehe. Früher habe ich sie kaum wahrgenommen, jetzt sehe ich ständig Rollstuhlfahrer, überall. Mir wird bei diesen Begegnungen immer mehr klar: Ich gehöre jetzt auch zu dieser Clique. Das ist nicht wie bei Harleyfahrern, die sich grüßen, weil sie sich cool finden. Wir Rollstuhlfahrer nicken uns zu und denken dabei wehmütig: Du also auch.

Das Komische ist, dass ich irgendwie dazugehöre, aber lieber nicht dazugehören würde.

„Denn tatsächlich würde ich wohl einfach rausgehen und loslaufen, nur um des Laufens willen. Irgendwo an einem Baum meiner Wahl anhalten, mich mit einer Hand daran abstützen und etwas von meinem Gewicht an ihn abgeben, die raue Rinde spüren. Mich dann vielleicht hinsetzen, nur um des Hinsetzens willen. Nach einer Weile die Beine überkreuzen und die Hände hinterm Kopf verschränken, einfach so, weil ich es kann.“

So weit meine Gedanken aus dem letzten Kapitel des Buches „Zwei Leben“.

„Aus meiner heutigen Sicht gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder mein Zustand verbessert sich so weit, dass ich damit leben kann – oder ich lerne, meine Situation so anzunehmen, wie sie ist.“

Seitdem ist viel Zeit vergangen – Zeit voller absurder Erlebnisse, überraschender Begegnungen und Erfahrungen, die mir gezeigt haben, dass das Leben manchmal weiter geht, als man denkt.

Außenstehende können selten beurteilen, was in jemandem vorgeht, der im Rollstuhl sitzt, da sie ja doppelt disqualifiziert sind: außen und stehend. Dieses Buch ist daher eine Einladung, vielleicht für ein paar Stunden von einem Außenstehenden zu einem Innensitzenden zu werden.

Samuel Koch

Nah an der Sonne gebaut

Es gibt eine Kraft, die alles erträgt.

Fjodor Dostojewski

„Was gibt dir Kraft? Wie schaffst du das bloß?“

Ich habe den Überblick verloren, wie oft mir diese oder ähnliche Fragen schon gestellt worden sind. Aber es ist schwer bis unmöglich, von Kraft zu sprechen, wenn man sich selbst gar nicht sonderlich kräftig fühlt. Ich verstehe jedoch, warum die Leute die Antwort interessiert, also versuche ich es mal wieder:

Früher war ich es gewohnt, meine Woche mit mindestens 12 sportlichen Trainingseinheiten vollzupacken. Dazu kamen diverse Wettkämpfe im In- und Ausland.

Als mir mit zirka 13 Jahren meine Eltern aus finanziellen Gründen verwehrten, zum Snowboarden zu gehen, beschloss ich, fortan eigenes Geld zu verdienen, um nie wieder Lebensqualität in Form von schönen Aktivitäten mit Freunden zu verpassen. Daher begann ich neben dem Training, dem Feiern und Gemeindeaktivitäten zu arbeiten. Wenn dann noch Zeit blieb, ging ich in die Schule.

Daher stellt sich mir heute meist gar nicht die Frage: „Woher nehme ich die Kraft?“, sondern eher: „Wohin mit meiner (jetzt überschüssigen) Kraft?“ Kraft im Sinne von Energie habe ich mehr als genug; eher habe ich Schwierigkeiten, diese zu kanalisieren. Sicher ist ein großer Anteil dieses inneren Antriebs in vielen Jahren Turntraining entstanden, das von Disziplin und Ehrgeiz geprägt war. Den sogenannten Drill später bei der Bundeswehr empfand ich als ziemlich lasch im Vergleich zum Turntraining und erst recht zur Erziehung meiner Mutter.

Etwas anderes ist die innere Kraft, auch weniger schöne Dinge auszuhalten und nicht daran zu verzweifeln. Woher diese kommt, ist wohl von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Niki Lauda zum Beispiel hat mir einmal erzählt, dass er seit seinem Unfall, bei dem er fast komplett verbrannte, viel von seiner Kraft aus der Wut zieht, die er immer noch auf Gott hat. Das fand ich spannend, weil es so ganz anders ist als bei mir.

Auch Huschan, den ich in der Reha-Klinik in Nottwil kennenlernte, ließ sich von seiner Wut antreiben. Er war beim Kirschenpflücken vom Baum gefallen und ist seitdem gelähmt. In seiner Heimatstadt Teheran hätte er als Paraplegiker große Schwierigkeiten gehabt. Deshalb schrieb ich in „Zwei Leben“, dass er dringend eine nette Schweizerin sucht, die er heiraten kann. Tatsächlich hat er eine gefunden. Heute leben sie gemeinsam in der Nähe von Winterthur.

In Nottwil sagte Huschan einmal: „Samuel, brauche Benzin!“

„Wozu denn?“, fragte ich ihn.

„Für Kirschebaum.“

„Wie jetzt? Willst du den Kirschbaum anzünden?“

„Nein. Nur draufschütten. Stirbt Kirschebaum ganz langsam.“

„Stell dich nicht so an!“

Ich habe sicher eine ziemlich robuste, positive Grundpersönlichkeit. Gerne antworte ich auf Fragen wie: „Wieso strahlst du eigentlich ständig so?“ mit: „Na ja, weißt du, ich bin eben nah an der Sonne gebaut.“ Das ist mir einerseits in die Wiege gelegt und andererseits durch Erziehung „auferlegt“ worden.

Ein typisches Beispiel dafür: Wir fuhren zu meiner Oma; ich muss so um die sieben, acht Jahre alt gewesen sein. Meine Mutter saß am Steuer, ich auf dem Beifahrersitz. Eine meiner kleinen Schwestern, ich weiß nicht mehr, welche, saß im Kindersitz auf der Rückbank und trat von hinten gegen meinen Sitz, immer wieder, penetrant, die ganze vierstündige Fahrt lang. Nachdem ich mich vergebens bei ihr beschwert hatte, wandte ich mich an meine Mutter. „Die hört nicht auf damit! Das nervt mich!“

Ihre Antwort war: „Stell dich nicht so an. Das ist ein Kind und so was machen Kinder halt.“

Diesen oft gehörten Satz fand ich damals nicht schön, aber heute hilft es mir oft, wenn ich mir selbst sage: „Stell dich nicht so an!“ Es gäbe jeden Tag genug Gründe für mich, nicht zur Arbeit zu erscheinen. Allen voran Schmerzen, die ich immer noch fast ständig habe, oder einfach nur der Wunsch, zu Hause zu bleiben, wo mich niemand anstarrt und alles eingespielt und bequem ist. Wenn ich es darauf anlegen würde, könnte ich mich ständig krankschreiben lassen. Aber da ich das noch nie gemacht habe, gestatte ich es mir auch jetzt nicht. Man kann sich auf eine gesunde Art selbst manipulieren, indem man sich nicht so anstellt. Ich rationalisiere vom Verstand aus und ändere damit erfolgreich das „Ich glaub, heut geht’s mir nicht so gut“-Gefühl.

Einer der weiteren prägenden Sätze meiner Mutter war: „Es ist nicht zum Tode.“ Diesen hat sie zwar eingedämmt, seitdem bei mir viele Situationen doch akut lebensgefährlich waren. Aber mittlerweile entfaltet er wieder seine beruhigende Wirkung, denn die meisten Sachen sind ja tatsächlich halb so schlimm.

Kraftquellen

Es gibt auch konkrete Dinge, die die innere Aushalte-Kraft bei mir stärken. Nach den vielen Begegnungen mit ebenfalls körperlich eingeschränkten, anders Versehrten und vom Schicksal tief geschlagenen Menschen kann ich mir aber nicht anmaßen, zu dieser Thematik allgemeingültige Antworten, Lösungen, geschweige denn einen Tipp zu geben. Leidenswege und Schicksale sind, auch wenn es plump klingt, stets individuell zu betrachten. Ich stelle immer wieder fest, dass Methoden, die mir aus „tiefen Momenten“ helfen, für andere genau das Falsche sein können und Tipps, die ihnen wiederum helfen, mich nur runterziehen. Und sogar bei mir selbst kann eine Maßnahme an einem Tag hilfreich sein und am nächsten genau das Gegenteil bewirken.

Dies vorweggeschickt, kann ich also sagen, dass es mir hilft: mich in Geduld zu üben, Schmerzen auszuhalten, selbst zu denken, gegen Widerstände zu kämpfen, still zu sein, allein zu sein, in Gesellschaft zu sein, zuzuhören, mich aus meinem Wohlfühlbereich herauszubewegen, aktiv zu sein, mir Beschäftigung zu suchen, unvernünftig zu sein, höflich zu sein, diplomatisch zu sein und ab und zu mal zu schlafen.

Nicht allein

Die wichtigste Antwort, die ich auf alle Fragen der Art „Wie schaffst du das?“ gebe und auch geben muss, lautet:

Nicht allein!

Das gilt gleich in vielerlei Hinsicht. Wofür würde es sich sonst zu leben lohnen, wenn nicht mit oder vor allem für andere Menschen?

In der Akutphase nach meinem Unfall und vor allem in den ersten Monaten meiner Rehabilitation, die ich völlig unbeweglich auf dem Rücken liegend verbrachte, waren es meine Freunde, meine Familie sowie verschiedene Pfleger und Therapeuten, die mich auf positive Weise ablenkten, auf andere Gedanken brachten, mit mir spielten, sangen, beteten und mich trotz großer Schmerzen zum Lachen brachten. Ich glaube, Leid ist kaum nachhaltig zu ertragen, wenn man nicht auch Freude erlebt. Man verliert jedweden Lebensmut, wenn man nicht irgendwo Energie und Spaß tanken kann. Und tatsächlich ist es zu meinem eigenen Erstaunen rückblickend so, dass ich seit dem Unfall keinen einzigen Tag ohne Lachen erlebt habe. Und wenn es nur ein dummer Wortverdreher von meiner persönlichen Lektorin war.

Für mich war es auch eine Art Gnade, von grausamen Diagnosen verschont zu werden und nicht gleich alles zu erfahren. Wenn ich von Anfang an gewusst hätte, dass ich vier ganze Jahre gelähmt bleiben muss, hätte ich gedacht: Das halte ich nicht durch, holt den Tierarzt, nie im Leben schaffe ich das! Aber rückblickend kann ich sagen, dass ich in diesen Jahren auch viele Stunden erlebt habe, die schön waren und friedlich und gut und die mich all die Verzweiflung haben vergessen lassen. Das hätte ich in der Klinik nicht gedacht, dass es solche Momente geben würde, für die es sich zu leben lohnt.

Eine weitere Dimension der „Nicht allein“-Bewältigungsstrategie ist die Freude daran, anderen Menschen helfen zu können. Dies ist immer ein Geben und Nehmen, finde ich. Wenn es mir gelingt, jemandem Mut zu machen, macht mir das wiederum auch Mut.

Das Beste kommt erst noch

Was mir wohl am meisten hilft, ist die Aussicht auf „mehr“. Wenn ich denken würde, dass mein Leben in der Wiege beginnt und im Sarg endet und ich mich damit zwangsläufig selbst in den Mittelpunkt setze, wäre dieses Leben ganz schön „wenigdimensional“ und armselig.

Da ich aber überzeugt davon bin, dass dieses Leben nicht alles ist, muss ich nicht krampfhaft versuchen, es möglichst vollzupacken oder zu verlängern. Und es hängt auch nicht mehr so viel davon ab, immer und überall die optimalste, ökonomischste und Erfolg versprechendste Entscheidung zu treffen. Wenn man konsequent davon ausgeht, dass das Beste erst noch kommt, relativiert sich nicht nur vieles Unschöne, sondern die gesamte Perspektive auf das Leben verändert sich. Das klingt vielleicht im ersten Moment etwas kompliziert, führt aber im Grunde dazu, dass man sich öfter mal sagt: „Na und?“, statt endlos über eine suboptimale Angelegenheit verärgert zu sein.

Stattdessen verschiebe ich meine Perspektive lieber auf die schönen Dinge im Leben. Dazu versuche ich zum Beispiel regelmäßig Dankbarkeitslisten zu erstellen. Ich zähle mir – ein bisschen selbstmanipulativ – Dinge auf, für die ich dankbar bin: Sei es die Schönheit der Schöpfung oder die Entdeckung der Mikrowellen, die so schnell ein Kirschkernkissen aufheizen können, das dann meinen Nacken wärmt. Oder meine Wohnung, warme Socken, Saunas, Vogelgezwitscher am Morgen, Chris, Jonathan, Seb, Alex, Sarah, Gergö, Facebook, Touch-Displays, Mama, Papa, mein Bruder, Naomi, meine Schwestern und ihre hoffentlich guten Jungs, Cousinen, Cousins, Oma und Opa, Onkel und Tanten, Bavaria, Ufa, Til, Christoph, Physiotherapie, Simon, Isa, Sonnenaufgang, Sarah, Fahrtwind, Manuel, Pfefferminztee, Kunstturnen, Meike, Heinz Erhardt, Kinder, mein Auto, David, eine besondere Mail, meine Trainingsgeräte, Jan, Uli, Robert, Gaffer-Tape, Bennyboy, Markus, Badewannen, Godwin, Carlos, Spülmaschinen, Harfsts, Mündigkeit, Müdigkeit, kurze, nette Briefe, meine Stimme, Tiefensensibilität, schöne Träume, eine Festanstellung, Gottesdienst, Assistenten, Schwimmbad, Marja, Bildung, Fotos, Skype, Late Check-out, Sarah, Bananensplit, Sprühflaschen, keine Rechnungen im Briefkasten … Und wenn ich erst mal damit anfange, bin ich jedes Mal neu überrascht, wie viele Dinge es tatsächlich gibt, für die ich dankbar bin.

Ich versuche vermehrt, im Augenblick zu leben und diesen zu genießen, mir mein inneres Kind zu bewahren, das nicht so viel an morgen und schon gar nicht an übermorgen denkt. Der berühmte König Salomo, der als der reichste und weiseste Mensch seiner Zeit galt und alles erreicht und ausprobiert hat, was nur möglich war, kam schließlich zu der Erkenntnis: „Dann dachte ich nach über das, was ich erreicht hatte, und wie hart ich dafür arbeiten musste, und ich erkannte: Alles war letztendlich sinnlos – als hätte ich versucht, den Wind einzufangen! Es gibt auf dieser Welt keinen bleibenden Gewinn. (…) So kam ich zu dem Schluss, dass es für den Menschen nichts Besseres gibt, als sich zu freuen und das Leben zu genießen. Wenn er zu essen und zu trinken hat und sich über die Früchte seiner Arbeit freuen kann, ist das allein Gottes Geschenk.“ (Prediger 2,11 und 3,12f, Hfa)

Ge-Niesen und andere Glücksmomente

Es gibt zwei Arten sein Leben zu leben:

entweder so, als wäre nichts ein Wunder, oder so, als wäre alles eines.

Albert Einstein

Das Glück ist mit den Dummen. Mehr Glück als Verstand haben. Da kann man noch von Glück reden. Glück im Unglück haben. Geduld ist der Schlüssel zum Glück. Manchen muss man zu seinem Glück zwingen. Jeder ist seines Glückes Schmied. Das Glück beim Schopfe packen. Trautes Heim, Glück allein. Ein Unglück kommt selten allein. Das höchste Glück der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde. Geld allein macht nicht glücklich. Pech im Spiel, Glück in der Liebe. Scherben bringen Glück.

Kleeblätter, Glücksschweinchen, Schornsteinfeger, Hasenpfoten, Hufeisen, Glückssteine und viele weitere tote Dinge mehr sollen angeblich Glück bringen.

Unzählige Bücher befassen sich mit dem Thema Glück in allen Varianten. Erst neulich besuchte ich eine Talkshow im Rahmen der ARD-Themenwoche „Glück“.

1972 hat der König von Bhutan das „Bruttonationalglück“ zum obersten Ziel der nationalen Politik ausgerufen. In einem Gesetzesentwurf wurde formuliert, die Regierung hätte keine Berechtigung, wenn sie nicht für das Glück ihrer Bürger sorgen könne. Der Fortschritt in Richtung eines höheren Bruttonationalglücks wird anhand des GNHI (Gross National Happiness Index) gemessen. Der Index umfasst neun Bereiche, die mithilfe von 33 Indikatoren messbar gemacht werden: psychologisches Wohlbefinden, die Verwendung von Zeit, die Vitalität der Gesellschaft, kulturelle Diversität, ökologische Resilienz, Lebensstandard, Gesundheit, Bildung und Good Governance.

Die ganze Welt scheint irgendwie nach Glück zu streben. Man rennt zu Psychologen oder Wahrsagern, wechselt erneut den Partner, sucht Glückscoaches auf oder reist um die ganze Welt, um sein persönliches Glück zu finden.

Wenn ich den Partner meines Lebens finde, heirate und Kinder bekomme, dann bin ich glücklich. Wenn ich das Haus kaufe, das Auto lease und mein Garten richtig schön ist, dann bin ich glücklich. Wenn ich mich gesund oder vegan ernähre, abnehme, zum Fitness gehe oder die Rückenschmerzen dank Pilates, Yoga, Zumba, Rumba loswerde, dann bin ich glücklich. Alle paar Monate jagt ein Glückstrend den nächsten.

Doch kann man nur dann glücklich sein, wenn die Umstände stimmen und alles so ist, wie man es sich vorgestellt hat? Ich hoffe nicht, denn das würde bedeuten, dass ich bis auf Weiteres keine Chance mehr hätte, glücklich zu sein.

Früher, so erinnere ich mich, war ich fast durchgehend glücklich. Kaum ein Tag begann ohne gute Laune und vor allem Dankbarkeit für das, was ich hatte und was mir alles Gutes widerfuhr. Ich hatte das Privileg, ständig neue Dinge tun zu dürfen, die mir Spaß machten, und war von tollen Leuten umgeben. Ich hatte alles, was ich brauchte, und noch weitaus mehr. Mein Hobby – die Arbeit mit meinem Körper –, Ausbildungen, Studium und Beruf verschmolzen perfekt miteinander. Alles lief fast schon zu gut, um wahr zu sein.

Wenn man mich heute fragen würde: „Bist du glücklich?“, kann ich das nicht uneingeschränkt mit einem Ja beantworten, so wie früher. Unter dem „Rundum-glücklich-Gefühl“ schwingt immer ein Aber mit. Allerdings erleben vermutlich die wenigsten Menschen ein dauerhaftes, allumfassendes Glücklichsein.

Zeitweilige Glücksmomente habe ich nach wie vor. Wenn ich in der Schweiz bin und ein Skipisten-Bullifahrer von der Bergwacht schnallt mich auf sein Schneemobil und heizt mit irrer Geschwindigkeit die Alpenketten entlang und die Sonne knallt vom schwarzblauen Himmel und die Aussicht ist herrlich – dann empfinde ich Glück. Oder wenn ich über den Dächern von Verona die ebenfalls herrliche Aussicht auf meine leicht bekleidete Freundin genieße, während wir in einem 37 Grad heißen Whirlpool sitzen und man uns Prosecco reicht. Es sind aber keineswegs nur extravagante Momente, bei denen ich denke: Meine Fresse, jetzt bin ich wirklich der glücklichste Querschnittgelähmte der Welt!

Manchmal schießt mir auch einfach so durch den Kopf: Ach, ich hab’s gut, wenn ich einen herrlichen Sonnenuntergang sehe oder einen schönen Abend mit Freunden und viel Lachen erlebe. Ich habe zunehmend gelernt, die Lebensqualität im Augenblick wahrzunehmen. Selbst wenn es manchmal nur eine Zehntelsekunde ist.

Genossenes Glück

Ich habe mir früher einmal bei einem Flugteil am Barren mit meinem eigenen Knie eine Orbitafraktur zugefügt, also die Verbindungswand zwischen Augen- und Nasenhöhle gebrochen. Nachdem man sich gegen eine Operation und für eine konservative Behandlung entschieden hatte, wurde mir von ärztlicher Seite für mindestens acht Wochen verboten, zu schnäuzen und vor allem zu niesen. Es bestand die Gefahr, dass ich mir mein Auge herausnieste. Weil ich Respekt davor hatte, verlängerte ich das Niesverbot freiwillig auf neun Wochen.

Ich erinnere mich noch genau an den Tag, an dem ich das erste Mal wieder geniest habe. Sicherheitshalber hielt ich meine Hand aufs Auge, damit es nicht erneut wie am Verletzungstag rausflutschte, und dann gab ich endlich wieder dem Niesreiz nach. Das war mit Abstand der schönste Nieser, den ich je gehabt hatte.

Aufgrund dieser qualvollen neun Wochen Zwangsniespause zelebrierte ich fortan das Niesen und freute mich jedes Mal darauf, wenn es wieder so weit war. Manchmal weiß man etwas erst wirklich zu schätzen, wenn man es lange entbehrt hat. Andersherum stimmt aber auch: Hätte ich das Niesen gar nicht als solchen Genuss entdeckt, würde es mir jetzt auch nicht so fehlen.

Denn der dämliche Unfall hat mir diese ganze Niesfreude verdorben. Niesen ist jetzt gänzlich unbefriedigend geworden. Der Niesreiz existiert zwar nach wie vor, jedoch ist meine Atemhilfs- und Zwischenrippenmuskulatur (in der Schauspielschule immer als „Zwirimu“ bezeichnet) gelähmt. Dadurch produziere ich statt eines herzhaften, befreienden Niesens nur einen sanften Lufthauch, der kaum spürbar meine Atemwege verlässt.

Trotzdem reicht die noch vorhandene Nacken- und Halsmuskulatur selbst bei mir dazu aus, den Kopf über den Schwerpunkt des Oberkörpers zu manövrieren, der wiederum nicht in der Lage ist, diese Schwerpunktverlagerung auszugleichen, und ich niese mich um. Das sorgt immer für Heiterkeit bei den Umstehenden: Ich niese also wie ein neugeborenes Mädchen und kippe anschließend langsam aus dem Rollstuhl, ohne etwas dagegen tun zu können.

Für ein befriedigendes Nieserlebnis brauche ich, ähnlich wie beim Husten und Schnäuzen, Hilfe. Ein oder zwei freundliche Helfer müssen meine Muskulatur ersetzen, indem sie mir den Brustkorb zusammenpressen. Da so ein Niesvorgang nur wenige Zehntelsekunden andauert, kann man sich vorstellen, wie schwer das richtige Timing zu bewerkstelligen ist. Zumal allein die Ankündigung eines aufsteigenden Reizes oft dazu führt, dass dieser sich wieder verflüchtigt.

Wenn es jedoch gelingt, dass jemand synchron zu meinem Niesreflex herbeieilt und mir den Brustkorb so zusammenpresst, dass das Niesen wieder seinen eigentlichen Zweck erfüllt, so ist das wie Weihnachten, Ostern und Geburtstag zusammen. Ein wahrer Glücksmoment.

Kopfüber ins Glück

Doch auch wenn ich solche Glücksmomente in möglichst schneller Amplitude aneinanderreihe, empfinde ich damit noch lange kein andauerndes Lebensglück oder seine kleine Schwester Zufriedenheit. Noch mal zurück zur Ausgangsfrage: Kann man nur dann glücklich sein, wenn die Umstände stimmen und alles so ist, wie man es sich vorgestellt hat?

Nein!

Wie ich mittlerweile des Öfteren erfahren durfte/musste. Zum Beispiel bei folgender Gelegenheit: Ich befand mich auf Heimaturlaub bei meinen Eltern im Dreiländereck. Der Nachteil meines Elternhauses ist, dass es relativ klein ist. Ich kann mich mit dem Rollstuhl nur im Erdgeschoss bewegen und das begrenzt sich auf die Wohnküche und das Wohnzimmer. Ich bekomme daher oft einen Lagerkoller und fliehe nach draußen in die Natur. Das Haus liegt herrlich abgelegen; es gibt nur einen einzigen Nachbarn und sonst im Umkreis von einem Kilometer nichts.

Eines Nachts verließ ich also das Haus, suchte das Gespräch mit dem Erfinder des Rückenmarks und erklärte ihm wieder mal, warum die Konstruktion desselbigen meiner Meinung nach nicht so optimal ist. Es war September, der Mais auf dem Feld vor unserem Haus stand schon hoch. Tiefes Durchatmen löste einen Muskelkrampf aus und ich kippte seitlich aus dem Rollstuhl. Da ich meine Beine hochgelagert hatte, hingen diese noch im Rollstuhl fest. Mein Oberkörper jedoch klemmte neben den Beinen. Diese Verrenkung war wohl nur möglich, da ich aus Turnzeiten sehr flexibel bin. Langsam rutschte mein Oberkörper zwischen der Armlehne und den Beinen durch nach unten. Je mehr sich die Muskeln entspannten, desto weiter sackte ich Richtung Boden.

Natürlich rief ich um Hilfe. Aber es war nachts um zwei, halb drei. Ich machte Schnalzlaute und Kreischgeräusche, in der Hoffnung, der Schall würde auf diese Weise weiter tragen, als wenn ich bloß rief. Ich kenne meine Familie: Wenn die schlafen, dann schlafen sie.

Es war ganz schön unschön und beengend. Mit jedem Atemzug rutschte ich weiter ab. Um das hinauszuzögern, versuchte ich meine Atmung möglichst flach zu halten, was nicht ganz leicht ist, wenn man währenddessen um Hilfe ruft.

Im Maisfeld war es erstaunlich laut. Tiere rannten hindurch, hechelten und knurrten, grunzten und raschelten. Das Feld liegt nahe am Wald. Was waren das für Viecher? Wildschweine? Rehe? Füchse oder Dachse? Es war schon ein bisschen unheimlich.

Ich hörte, wie in der Ferne Besoffene grölend von irgendeinem Dorffest nach Hause taumelten. Laut rief ich, um auf mich aufmerksam zu machen. Leider ohne Erfolg. Stattdessen rutschte ich auf eine Schraube zu, die von der Stativstange der Beinkonstruktion absteht. Mein Auge näherte sich der Schraube. Kam näher und noch näher, bis ich mit meinem Jochbein auf der Schraube aufsetzte und das Gewicht meines Kopfes mich gegen die Schraube drückte. Das tat weh. Ich drehte den Kopf, doch mit jeder Ausweichbewegung schien sich die Schraube tiefer in meine Haut zu arbeiten.

Als es mir gelungen war, mich mithilfe von ruckartigen Atembewegungen an der Schraube vorbeizuschieben, hing ich beinahe mit dem Kopf auf dem Boden. Mir wurde allmählich kalt. Ich sagte zu Gott: Na toll, was willst du mir jetzt wieder zeigen? Was soll das? Ich bin ganz allein, mitten im Maisfeld, und keiner hört mich. Ich bin total verbogen und kriege schlecht Luft. Soll ich Geduld lernen oder was?

Und dann, ganz unverhofft und ohne wirklich zu wissen, warum, musste ich plötzlich grinsen, dann sogar lachen, schüttelte den herunterhängenden Kopf und begann, Kinderlieder zu singen. Die Tiergeräusche fand ich nicht mehr schlimm. Ich war sehr dankbar, dass es nicht regnete. Das altmodische Wort, das meinen Zustand in diesem Moment wohl am besten beschreibt, ist: selig. Kein Handy, kein Computer, keine Menschen waren um mich, und ich hatte nichts anderes zu tun, als einfach zu sein und die Freiheit meiner Gedanken zu genießen.

Die Nachbarn meiner Eltern besitzen zwei Hunde, die mitbekommen hatten, dass etwas nicht stimmte. Sie bellten so lange, bis ihre Herrchen nachts um vier mit der Taschenlampe loszogen. Die Hunde führten sie geradewegs hinaus zu mir ins Maisfeld und so wurde ich gerettet.

Es war eine schöne Nacht, mild und mit Sternenhimmel, die mir noch lange in Erinnerung bleiben wird.

Was ist Glück?

Einschlafen

Eine Nacht durchschlafen

Appetit verspüren und ihn stillen

Erfolgreich husten

Küssen

Lange duschen

Gute Musik hören

Ein gutes Gespräch

Gottesdienst feiern

Nach langem Warten richtig gekratzt werden

Effektiv niesen

Theater spielen

Mal einen Abend nicht telefonieren

Sonne im Gesicht, die mich wärmt

Frische Luft

Eine schöne Aussicht

Freunde treffen

Ein schmerzfreier Tag

Am Kopf gezogen werden

Nägel geschnitten bekommen und dabei etwas spüren

Anderen helfen können

Eine lustige Postkarte

Wie ein Unversehrter Rundfunkgebühr bezahlen

Eine Rolle vorwärts machen

Vor Anstrengung Schmerzen haben

In der Fantasie tanzen

Allein (unterwegs) sein

Eine SMS erfolgreich selbst schreiben

Ins Kino gehen

Nach dem Kollabieren wieder aufwachen

Pünktlich sein

Monk schauen

Eine bequeme und schöne Frisur

Einen komplexen Text durchdringen

Lieben Besuch bekommen

Anstrengendes Stehtraining

Blödsinn reden

Recht haben

Singen

Im Traum turnen

Ein gutes Theaterstück oder das Ende eines schlechten …

Im Rollstuhl auf die Bühne

Auftakt

von Ulrich Matthes

Samuel ist ein Kollege von mir. Er ist Schauspieler.

Dass ich diesen Satz denken und hinschreiben kann, ist mittlerweile ganz normal. Mittlerweile.

Wie haben wir uns kennengelernt?

Ich habe an dem Abend seines Unfalls „Wetten, dass ..?“ gesehen und war entsetzt, sprachlos. Zufällig – sonst kein Freund dieser manchmal klebrigen Wie-geht-es-Ihnen-denn-jetzt-nach-alldem-Formate – schaute ich ein knappes Jahr später in einen RTL-Jahresrückblick hinein. Samuel zeigte im Gespräch mit Hape Kerkeling all die Eigenschaften, die ihn (und auch dieses Buch) auszeichnen: Er war bemerkenswert klug, unsentimental, klar, humorvoll, selbstbewusst.

Es war für mich einer dieser Augenblicke, in denen sich Mitleid in Respekt verwandelt.

Noch an dem Abend beschloss ich nach einigem gedanklichen Hin und Her (… findet er das übergriffig? Oder eitel? …), ihm mein dickstes Hörbuch zu schicken, um ihm (hoffentlich) eine Freude zu machen – Haruki Murakamis „Mister Aufziehvogel“.

Samuel schrieb mir dann zurück, wie sehr er sich gefreut habe – und seitdem haben wir einen ausgesprochen herzlichen Kontakt. Ich nahm Anteil an seinem wieder aufgenommenen Studium an der Schauspielschule in Hannover, er kam ein paarmal zu einer meiner Vorstellungen am Deutschen Theater Berlin.

Ich weiß noch gut, wie ich IHN dann das erste Mal on stage sah, er spielte beim jährlichen bundesweiten Treffen der deutschsprachigen Schauspielschulen mit seinen Kommilitonen Szenen von Tschechow.

Ich gebe zu, dass ich mir vorher unsicher war, ob ich nicht doch mit einer Art von Mitleids-Bonus zuschauen würde … Und dann war es wirklich toll: Natürlich blieb mir seine Behinderung (Samuel schreibt im Buch, dass ihm das Wort „unbeweglich“ lieber ist) bewusst, aber dennoch waren sofort seine Präsenz, sein lakonischer Humor, auch sein Sprachgefühl auf beglückende Weise spürbar und machten seine Unbeweglichkeit fast vergessen.

Wir „Beweglichen“ haben ja bei aller Empathie keine Ahnung, wie viel Disziplin, harte Arbeit, wie viele Rückschläge, verzweifelte Stunden einem solchen Abend vorausgingen. Ich konnte es nur ahnen, und umso beeindruckter war ich.

Wir haben dann bald darauf auch mal miteinander gearbeitet: Einen Nachmittag lang gab ich ihm und seinem Kommilitonen aus Hannover, Robert Lang, noch ein paar Tipps und Anregungen für ihren eh schon tollen Kafka-Abend „Bericht für eine Akademie“ – eine wunderbare Performance von beiden, nah an Kafka und nah an den zwei Spielenden.

Und im Grunde ist dieser Abend ein kleiner, großer Kommentar zu all den manchmal verhärteten, manchmal sentimentalen Debatten über Inklusion, die geführt werden seit einiger Zeit. Er ist ein kleines Stück Kunst: die Härten nicht verleugnend, aber im Spiel auch wie beflügelt.

Samuel ist jetzt Schauspieler. Er hat nämlich eine Verpflichtung: sein Talent.

Ulrich Matthes, geboren 1959, Theater- und Filmschauspieler (u. a. Der Untergang, Der neunte Tag, Tatort: Im Schmerz geboren u.v.m.). Er wurde mehrmals zum „Schauspieler des Jahres“ gekürt und u. a. mit dem Grimme-Preis, der Goldenen Kamera, dem Deutschen Theaterpreis und dem Deutschen Hörbuchpreis ausgezeichnet. Seit der Saison 2004/05 ist er festes Ensemblemitglied am Deutschen Theater in Berlin.