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Wissenschaftliche Beiträge
aus dem Tectum Verlag

Reihe Sozialwissenschaften

Wissenschaftliche Beiträge
aus dem Tectum Verlag

Reihe: Sozialwissenschaften

Band 71

Ralph Schäfer-Lösch

Musikschule im Wandel

Chancen und Herausforderungen für die deutsche
Musikschullandschaft im Spiegel des normativen
Managements

Tectum Verlag

Ralph Schäfer-Lösch

Musikschule im Wandel.
Chancen und Herausforderungen für die deutsche Musikschullandschaft
im Spiegel des normativen Managements

Wissenschaftliche Beiträge aus dem Tectum Verlag
Reihe:
Sozialwissenschaften; Bd. 71

© Ralph Schäfer-Lösch, 2016

ISBN: 978-3-8288-6545-7

(Dieser Titel ist zugleich als gedrucktes Buch unter
der ISBN
978-3-8288-3802-4 im Tectum Verlag erschienen.)

Umschlagabbildung: Fotografie von Patrick Neu (www.patrickneu.com)

Grafiken im Innenteil: Eric Wilhelm (www.ericwilhelm.de)

Lektorat: Dr. Ruven Karr (www.karrektur.de)

Satz, Layout & Umschlaggestaltung: Mareike Gill | Tectum Verlag

Alle Rechte vorbehalten

Besuchen Sie uns im Internet
www.tectum-verlag.de

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Angaben sind im
Internet über
http://dnb.ddb.de abrufbar.

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Zum Geleit

Danksagung

Teil 1

1Einleitung

2Musikschulen

2.1Die Musikschulen als Non- und Forprofit-Organisationen

2.2Musikschulen und ihre normative Positionierung über Richtlinien, Leitbilder und Erklärungen

2.3Musikschule als soziales System

2.3.1Systeme als triviale und nicht-triviale Maschinen

2.3.2System und Umwelt

2.3.3System und Komplexität

2.3.4System und operative Geschlossenheit

2.3.5System und Autopoiesis

2.3.6Modell 1 – Musikschule als soziales System und nicht-triviale Maschine

3Wandel

3.1Theorien des sozialen Wandels

3.2Sozialstrukturanalyse

3.3Modell 2 – Makro-Umwelt-Analyse für Musikschulen

3.3.1Sphären der Makro-Umwelt

3.3.2Gesellschaftliche Ebenen

3.3.3Dimensionen des Wandels

3.4Zusammenfassung

4Normatives Management

4.1Norm

4.2Management

4.2.1Traditionelle Sichtweise

4.2.2Neue integrative Sichtweise

4.3St. Galler Management-Konzept

4.3.1Erste Generation

4.3.2Zweite Generation

4.3.3Neues St. Galler Management-Modell

4.4Modell 3 – Bezugsrahmen nach Knut Bleicher

4.4.1Unternehmens-Philosophie – Integration durch die konstitutive Kraft des Normativen in der Metadimension

4.4.2Horizontale Dimension – Integration durch die Dimensionen normatives, strategisches und operatives Management

4.4.3Vertikale Aspekte – Integration der Managementaspekte Struktur, Aktivität und Verhalten

4.4.4Zeitliche Dimension – Integration durch Unternehmensentwicklung

5Zwischenfazit

Teil 2

6Analyse – Musikschulen im Spiegel des sozialen Wandels

6.1Wandel in der politischen Sphäre

6.1.1Paradigmenwechsel – Rückzug aus dem Sozialstaat

6.1.2Musikschulförderung und die deutsche Sparpolitik

6.1.3Leere Kassen der Kommunen

6.1.4Bedeutungsverlust auf kulturpolitischer Ebene

6.1.5Kulturelle Vielfalt – Die UNESCO als Quelle politischen Wandels

6.2Wandel in der demografischen Sphäre

6.2.1Musikschulschüler werden weniger und grauer

6.2.2Urbanisierung – ein Fachkräftemangel zeichnet sich ab

6.2.3In den Städten wird es bunter

6.3Wandel in der kulturellen Sphäre

6.3.1Kulturelle Identität, Migration und Bildungsbarrieren

6.3.2Wandel im Bildungssystem

6.3.2.1Musikhochschule – Tradition und Wandel

6.3.2.2Allgemeinbildende Schulen – Musik und Bedeutung

6.3.2.3Musikschulen – Kooperationen und Identitätsverlust

6.3.2.4Instrumentalpädagogik und kulturelle Vielfalt

6.4Wandel in der wirtschaftlichen Sphäre

6.4.1Wandel, Komplexität und das Primat der Gewinnmaximierung

6.4.2Strukturkonservatismus in sich dynamisch wandelnden Märkten

6.4.2.1Wandel, Strukturkonservatismus und Personalpolitik

6.4.2.2Wandel, Strukturkonservatismus und Management

6.4.3Marktentwicklung – Die Konkurrenzsituation wandelt sich

6.4.4Wandel auf dem Arbeitsmarkt – Trend zur Selbstständigkeit

6.4.5Subvention und politische Legitimation

6.5Wandel in der Technologie

6.5.1Digitale Revolution

6.5.2Veränderung der Musikkultur

6.6Ökologischer Wandel

6.7Zusammenfassung

7Synthese

7.1Kernaussagen zur Makro-Umwelt-Analyse

7.1.1Kernaussagen zur politischen Sphäre

7.1.2Kernaussagen zur demografischen Sphäre

7.1.3Kernaussagen zur kulturellen Sphäre

7.1.4Kernaussagen zur wirtschaftlichen Sphäre

7.1.5Kernaussagen zur technologischen Sphäre

7.1.6Kernaussagen zur ökologischen Sphäre

7.2Wertung und Synthesenbildung

7.2.1Themenfeld 1 – Ressourcen

7.2.2Themenfeld 2 – Legitimation

7.2.3Themenfeld 3 – Identität

7.2.4Themenfeld 4 – Struktur

7.2.5Synthesen-Dreieck

7.3Zusammenfassung

8Integration

8.1Bezugsrahmen als Metachance

8.2Musikschulphilosophie – Integration durch den Aspekt der normativen Positionierung

8.2.1Theoretische Grundlagen zur Musikschulphilosophie

8.2.2Ausgewählte Chancen und Herausforderungen im Rahmen der normativen Grundpositionierung (Musikschulphilosophie)

8.2.3Anmerkungen zur Musikschulvision

8.3Musikschulverfassung – Integration in die Dimension des normativen Managements durch den Aspekt Struktur

8.3.1Theoretische Grundlagen zur Musikschulverfassung

8.3.2Ausgewählte Chancen und Herausforderungen im Spiegel der Musikschulverfassung

8.4Musikschulkultur – Integration in die Dimension des normativen Managements durch den Aspekt Verhalten

8.4.1Theoretische Grundlagen zur Musikschulkultur

8.4.2Ausgewählte Chancen und Herausforderungen im Spiegel der Musikschulkultur

8.5Musikschulpolitik – Integration in die Dimension des normativen Managements durch den Aspekt Aktivität

8.5.1Theoretische Grundlagen zur Musikschulpolitik

8.5.2Ausgewählte Chancen und Herausforderungen im Spiegel der Musikschulpolitik

8.5.3Anmerkungen zu Musikschulmissionen

8.5.4Anmerkungen zum Leitbild einer Musikschule

8.6Zusammenfassung

9Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Internetquellen

Sonstige Quellen

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1:Gliederung des Buches

Abb. 2:Typisierung der NPO

Abb. 3:Musikschule als soziales System und nicht-triviale Maschine

Abb. 4:Sphären der Makro-Umwelt

Abb. 5:Gesellschaftliche Ebenen

Abb. 6:Dimensionen des Wandels

Abb. 7:Bezugsrahmen nach Knut Bleicher

Abb. 8:Schichtenmodell zur Makro-Umwelt-Analyse

Abb. 9:Synthesen-Dreieck

Abb. 10:Bezugsrahmen für normatives Musikschul-Management

Abb. 11:Regelkreise zur Leitbildentwicklung

Abkürzungsverzeichnis

Abb.Abbildung

DMRDeutscher Musikrat

FPOForprofit-Organisation

KSKKünstlersozialkasse

NPONonprofit-Organisation

UNESCOUnited Nations Educational, Scientific and Cultural Organization

VdMVerband deutscher Musikschulen

Anmerkung: Die Inhalte des vorliegenden Buches beziehen sich in gleichem Maße sowohl auf Frauen als auch auf Männer. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird jedoch die männliche Form für alle Personenbezeichnungen gewählt. Die weibliche Form wird dabei stets mitgedacht.

Zum Geleit

Musikschulen in Deutschland wurden über Jahrzehnte als Orte der Orientierung wahrgenommen, beim Nachdenken über eine nachhaltige Musik- und Instrumentalausbildung gehörten sie als feste Bestandteile als Standorte für musikalische Bildung, gleichzeitig als instrumentalspezifische Vertiefung und Ergänzung eines Musikunterrichts an allgemeinbildenden Schulen.

Obwohl die musikpädagogische Forschung seit mehr als drei Jahrzehnten Überlegungen anstellt, dass Veränderungen im transkulturellen Bereich notwendig sind, hat eine praktische Umsetzung bislang kaum stattgefunden.

Angesichts einer stark in Veränderung befindlichen Gesellschaft erscheint die Notwendigkeit inzwischen überdeutlich sichtbar zu sein. Nicht nur angesichts einer älter werdenden Gesellschaft, einer zunehmenden Zahl von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte, einer – nicht immer richtig verstandenen – Inklusion als Leitmotiv, sondern ganz aktuell durch die momentane und völlig unübersichtliche Flüchtlingssituation. Dies bringt den kulturpolitischen Diskurs nicht nur gedanklich in Bewegung.

Kulturpolitisch wird gefragt, wie es denn mit den Bildungschancen aber auch Bildungsbarrieren aussieht, die die gesellschaftlichen Veränderungen mit sich bringen. Angesichts dieses Spannungsfeldes und im Zusammenklang mit den sich verändernden Zielgruppen müssen sich die Musikschulen neu orientieren. Einerseits ist ihr Auftrag zur musikalischen Bildung klar, für den sie öffentliche Gelder erhalten. Aber was genau meint musikalische Bildung? Um welche Musiken geht es? Und wie kann umgegangen werden mit den breit gestreuten Zielgruppen? Wie soll ausgebildet werden, angesichts der transkulturellen Vielfalt von Musik?

Vor dem Hintergrund einer sich immer weiter ausdifferenzierenden Gesellschaft möchte der vorliegende Band „Musikschule im Wandel“ die sozialen Veränderungen aus musikpolitischer Perspektive analysieren sowie Lösungsansätze für Musikschulen auf normativer Ebene aufzeigen und damit einen konstruktiven Beitrag zum Thema „Zukunft der Musikschulen“ leisten.

Eines steht fest: Eine ernst gemeinte Inklusion hat sehr viele Gesichter, stellt uns vor neue Aufgaben und fordert auf zur Reflexion und neuem Denken. Insofern möchte der vorliegende Band über einen Blick von außen Veränderungsprozesse initiieren, die das gut strukturierte System „Musikschule“ in neue Bahnen zu lenken versucht.

Hannover, den 20. März 2016

Prof. Dr. Ekkehard Mascher

Danksagung

Allen voran danke ich dem Team des Centers for World Music (Universität Hildesheim), namentlich Prof. Dr. Raimund Vogels, Prof. Dr. Ekkehard Mascher, Prof. Dr. Thomas Grosse und Morena Piro, ohne deren lehrreiches und inspirierendes Wirken dieses Buch nicht das Licht der Welt erblickt hätte. Mein ganz besonderer Dank geht hier an Prof. Dr. Ekkehard Mascher für sein allzeit offenes Ohr und die von mir hoch geschätzte fachliche Unterstützung.

Ein liebevolles Dankeschön sende ich meiner Frau Angela Lösch für ihre wertvollen Kommentare und die wichtigen Erstkorrekturen des Manuskripts, meiner Tochter Lisa-Marie Lösch für ihre Hilfsbereitschaft (insbesondere bei der Erstellung der Literaturliste) und meinem Sohn Joschka Lösch, der als bekennender Belletristik-Fan, trotz einer ausgeprägten Allergie gegen Fachliteratur, dieses Buch einmal komplett las. An dieser Stelle möchte ich auch Jutta Strzalka für ihre konstruktive Kritik ausdrücklich danken.

Dr. Ruven Karr hat mit seiner lektoraterfahrenen Hand den Text stilistisch poliert und dem Fehlerteufel Einhalt geboten, Eric Wilhelm den schlicht gehaltenen Grafiken ästhetischen Atem eingehaucht, Patrick Neu die Thematik des Buches kreativ im Titelbild reflektiert und Mareike Gill mein schnödes Worddokument sowie alle sonstigen Puzzleteile in ein Buch mit anmutender Erscheinung verzaubert. Vielen Dank dafür.

Prof. Dr. Hans Lichtenstein (Universität Freiburg, Schweiz), Dirk Mühlenhaus (Verband deutscher Musikschulen) und Dr. Wolfram Knauer (Jazzinstitut Darmstadt) danke ich herzlich für deren hilfreiche Auskünfte. Ein abschließendes Dankeschön gebührt Martin Gabriel für die Unterstützung bei den zeitintensiven Internetrecherchen und Herrn Thomas Wasmer vom Tectum Verlag, der dieses Buchprojekt von Anfang an kompetent betreute.

St. Wendel, den 20. Juli 2016

Ralph Schäfer-Lösch

Teil 1

1Einleitung

Seit den 1960er Jahren verändert sich unsere Gesellschaft mit zunehmender Beschleunigung durch Prozesse der Differenzierung, Individualisierung und Pluralisierung, die mit zeitdiagnostischen Labels wie „Postmoderne“, „zweite Moderne“ oder „Risikogesellschaft“ belegt werden. Dabei verlieren traditionelle Formen der Vergemeinschaftung mehr und mehr an Bedeutung (vgl. Eickelpasch / Rademacher 2004: 6). Aufgrund dieser „Enttraditionalisierung“ und vor dem Hintergrund einer sich ausdifferenzierenden Migrationsgesellschaft geraten hochkulturgeprägte Glaubenssätze des deutschen Bildungsbürgertums ins Wanken. Es treten eine Vielzahl spannungsgeladener Dichotomien (z. B. das Fremde und das Eigene, Vielfalt und Einheit etc.) ans Tageslicht, die mithilfe einer staatlich verordneten „Inklusionsarznei“ über Nacht aufgelöst werden sollen. Für öffentliche Musikschulen scheint dies eine bittere Pille, da sie auf Geheiß des Staates für die Allokation der meritorischen Dienstleistung Musikunterricht verantwortlich sind und ihre Mission über Jahrzehnte in der Pflege der klassischen Musiktradition sahen – denn plötzlich heißt diese Mission Inklusion. An die schweren Türen des altehrwürdigen Leitkulturdenkens klopft jetzt eine Gesellschaft, die sich mitten in einem komplexen, teilweise diskontinuierlichen Wandlungsprozess befindet. Und das tut sie mit einer Lautstärke, welche die Frage „Hast du was gehört?“ obsolet macht.

Infolgedessen hat der Verband der deutschen Musikschulen (VdM) als Sprachrohr der öffentlich geförderten Musikschulen die Tür weit geöffnet und sich im diesbezüglichen Diskurs gut aufgestellt. Sein aktuelles Leitbild ist von verstaubtem Traditionalismus befreit und die Potsdamer Erklärung ruft 2014 sogar die inklusive Musikschule aus (VdM 2014: 1). Kritiker (z. B. Haselbach et al. 2012: 63) werfen den geförderten Kulturinstitutionen Strukturkonservatismus vor und thematisieren ein vielerorts vorzufindendes Spannungsfeld zwischen dem Wunsch nach einem „inklusiven Leitbild“ und gelebter Wirklichkeit. Dem Staat scheint es einerlei. Die Sparpolitik und die Marktliberalisierung halten ein Damoklesschwert, das drohend über meritorischen Gütern schwebt, wobei im Deutschen Bundestag vielleicht noch nicht ganz klar ist, dass die eigene Inklusionspolitik die staatlich subventionierten Institutionen in eine Legitimationskrise stürzt. Das kommt daher, dass meritorische Privilegierungen aufgrund ihres „exklusiven“ Charakters den Inhalten der Inklusionspolitik nahezu diametral entgegenstehen.

Da zu vermuten ist, dass Wertvorstellungen und organisationale Strukturen, die sich über Jahrzehnte unter den Vorzeichen der musikpädagogischen Traditionswahrung in staatlicher Obhut befanden, nur bedingt den gegenwärtigen Herausforderungen des gesellschaftlichen Wandels gerecht werden, sollen Wertvorstellungen hinterfragt (normativ) und geeignete Strukturen gefunden werden (Management). Damit lautet die zentrale Fragestellung dieses Buches: Welche Chancen und Herausforderungen ergeben sich für Musikschulen aus der Thematisierung des gesellschaftlichen Wandels im Spiegel des normativen Managements? Mit dieser Fragestellung ist zugleich auch das Ziel verbunden, Erkenntnisse und Instrumente zu generieren, die zu einer nachhaltigen Situationsverbesserung der öffentlichen Musikschulen im Umfeld eines dynamischen Wandlungsprozesses beitragen können. Dies soll auf einem bisher unbeschrittenen Weg geschehen, der sein Innovationspotenzial aus einem interdisziplinären Vorgehen (Musikschulwesen, Soziologie und Managementlehre) schöpft und konstruktivistisch unterfütterte Lösungsansätze mithilfe systemischer Modellbildung sucht.

Gestützt wird dieses Vorhaben durch die einschlägige Fachliteratur. Insbesondere Knut Bleicher hat mit seinen Veröffentlichungen zum integrierten Management den Grundstein für diese Arbeit gelegt. Über ihn führt ein Weg zu Niklas Luhmanns sozialen Systemen und zur Sozialstrukturanalyse (Schäfers und Gans). Neuere Schriften wie die von Fritz B. Simons schlagen eine Brücke zur systemischen Organisationstheorie. Im Bereich des Musikschulwesens nimmt der Sammelband Zukunft der Musikschulen eine exponierte Stellung ein. Ihren Wert erhält diese Veröffentlichung insbesondere durch die thematische Vielfalt der Beiträge.

Zur methodischen Vorgehensweise sei vorausgeschickt, dass das Aufstellen wissenschaftlicher Theorien immer auch auf Wertesystemen basiert, was letztlich bedeutet, dass die Verflechtung von bestehenden theoretischen Modellen mit dem Gegenstand der Untersuchung (Musikschule und systemische Organisationsentwicklung, Wandel und Sozialstrukturanalyse, normatives Management und Bezugsrahmen nach Bleicher) einen normativen Charakter schon in sich trägt (vgl. Hofmann 2012: 27). Aufgrund dessen und aufgrund der normativ geprägten Fragestellung dieser Arbeit – es geht um Werte, nicht um Zahlen – tritt Datenmaterial aus der quantitativen empirischen Sozialforschung zugunsten eines qualitativen Forschungsansatzes in den Hintergrund. In zwei Fällen mussten jedoch Daten erhoben und in weiteren drei Fällen der Rat von Experten eingeholt werden, um Sachverhalte zu klären. Abbildung 1 veranschaulicht die Gliederung der Arbeit.

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Abb. 1:Gliederung des Buches

Die Arbeit gliedert sich in einen theoretischen Teil der systemischen Modellbildung und in einen praktischen Teil der konzeptionellen Umsetzung. Im theoretischen Teil wird erstens die Musikschule als Institution und soziales System untersucht, zweitens das Wandlungsgeschehen aus soziologischer Sicht beleuchtet und drittens der Bezugsrahmen von Knut Bleicher im Rahmen der Vorstellung des normativen Managements beschrieben. Die im Theorieteil entwickelten Modelle sind systemtheoretischer Natur. Im zweiten Teil wird im ersten Schritt (Analyse) eine Studie zu dem für Musikschulen relevanten sozialen Wandel auf der Basis der Makro-Umwelt-Analyse erstellt, um danach im zweiten Schritt (Synthese) die gewonnenen Erkenntnisse zusammenzufassen. Im dritten Schritt (Integration) werden Analyseergebnisse und Synthesen in den Bezugsrahmen von Bleicher gestellt, um letztlich die sich aus dem normativen Kontext ergebenden Chancen und Herausforderungen für Musikschulen zu beschreiben.

Hinsichtlich der allgemeinen Vorgehensweise soll erstens darauf hingewiesen werden, dass Megatrends wie Globalisierung, Digitalisierung und Individualisierung sowie die Folgen des demografischen Wandels medial hinreichend aufgearbeitet und allgemein verfügbar sind. Daher werden statistische Daten, die man als „allgemein bekannt“ einstufen kann, nicht explizit mit Quellen belegt.1 Zweitens sei darauf hingewiesen, dass die für den hier untersuchten Wandel der Musikschulen relevanten Problemfelder im Grunde schon seit der Wiedervereinigung bestehen, sodass es kein Nachteil ist, Expertenmeinungen älteren Datums zu Rate zu ziehen. Drittens werden in dieser Arbeit nur Musikschulen untersucht, die dem VdM angehören und mit dessen Richtlinien konform gehen. Mit diesem Ausschlusskriterium ist jedoch keine Wertung verbunden.2 Ausschließlich wissenschaftlich-methodische Erwägungen haben zu dieser Entscheidung geführt. Zur Begründung:

Erstenszweitensdrittensviertens