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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 1833

 

Trokans Tor

 

Herreach und Mutanten – die Geistes-Schlacht am Pilzdom entbrennt

 

von Susan Schwartz

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

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Man schreibt das Jahr 1289 Neuer Galaktischer Zeitrechnung: Zigtausende der mysteriösen Igelschiffe haben in der Milchstraße zahlreiche Planeten besetzt und komplett von der Außenwelt abgeschnitten. Die zerstrittenen Staaten der Galaxis wissen keine Lösung, sind derzeit auch weit von einer Einigung entfernt: Misstrauen herrscht zwischen den großen Machtblöcken.

Kein Mensch in der Milchstraße weiß zudem Bescheid, wo Perry Rhodan sowie seine Freunde Reginald Bull und Alaska Saedelaere sind. Die drei Aktivatorträger verschwanden im Pilzdom auf Trokan, dem »zweiten Mars«, und tauchten bisher nicht wieder auf. Während es Alaska in die Galaxis Bröhnder verschlagen hat, wo er sich zuletzt dem Zugriff der »Schrottsammler« erwehren musste, sind Rhodan und Bull in Plantagoo unterwegs und wollen dort zu den geheimnisvollen Galornen vorstoßen.

Einer Gruppe von Freiwilligen ist es immerhin gelungen, das von den Fremden besetzte Humanidrom zu sprengen sowie Larven der Tolkander zu bergen. Dadurch konnten die Galaktiker einige Geheimnisse der merkwürdigen Invasoren lösen.

In der Zwischenzeit hat sich die Situation auf Trokan verändert; neue Gruppierungen sind entstanden. Und zwei Mutantinnen beginnen mit ihrer Arbeit an TROKANS TOR …

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Mila und Nadja Vandemar – Zwei Mutantinnen versuchen sich an den Geheimnissen des Pilzdoms.

Myles Kantor – Der Wissenschaftler leitet das Unternehmen an Trokans Tor.

Presto Go – Die oberste Künderin der Herreach treibt den Wiederaufbau voran.

Caljono Yai – Die Mahnerin entdeckt ihre Gegnerschaft zur obersten Künderin.

Jeromy Argent – Leiter der terranischen Hilfstruppen auf Trokan.

1.

Die Prophezeiung

 

Kummerog ist der Gott, der hinter den Toren des Tempels darauf wartet, von den Herreach erlöst zu werden. Und wenn die Herreach weit genug vorangeschritten sind, in ferner Zukunft, dann werden sich die Tore öffnen, und der Gott Kummerog wird durch die Pforte zu ihnen kommen. Dann wird der Himmel sich öffnen, und eine strahlend helle Hälfte und eine dunkle werden zum Vorschein kommen.

An dieser Prophezeiung hatte kein Herreach je gezweifelt, seit sie in der Frühzeit von einem ihrer Urahnen, die sich damals noch Herrach nannten, zum ersten Mal vernommen worden war.

Die Prophezeiung hatte den Glauben an Kummerog begründet, der zum ganzen Lebensinhalt der Herreach wurde. Jeder Herreach war gläubig, und jeder Gläubige wusste, dass Kummerog nicht nur eine Legende war, sondern Wirklichkeit.

Der Tempel war da, und sein Flüstern konnte von jedem Begabten, der sich darauf konzentrierte, vernommen und verstanden werden.

Der Tempel war schon dagewesen, als die Herreach noch urzeitliche Kherrah gewesen waren und noch nichts von den wahren Dingen wussten, weil sie die Stufen zur Intelligenz gerade erst beschritten hatten. Doch schon damals war die allererste Legende entstanden, dass dieser Berg von etwas Mysteriösem umgeben wurde: etwas, das den Kherrah Schutz vor den gefräßigen Gnostes gewähren würde. Aus Kherrah wurden Herrach und später die Herreach, und aus dem geheimnisvollen Ort des Friedens der sprechende Berg.

Auf den Glauben an Kummerogs Erlösung aufbauend, begannen die Herreach, sich beim sprechenden Berg anzusiedeln, und die größte Stadt der Welt entstand: Moond. Der Cleros wurde gegründet, dessen wandernde Mitglieder, die weißgewandeten Clerea, die Prophezeiung als Prediger über die ganze Welt verbreiteten und an nachfolgende Generationen weitergaben.

Kein Herreach hatte eine genaue Vorstellung darüber, wann die Prophezeiung eintreten würde, denn der Zeitpunkt war viel zu unbestimmt – ferne Zukunft. Wie weit war eine ferne Zukunft entfernt? Ferner als die bisher vergangenen Generations-Perioden, so fern, dass es nicht mehr in den bekannten Maßstäben ausdrückbar war; weiter als irgendwelche Entfernungen auf der Welt?

Richtungweisend war immerhin, dass die Herreach einen gewissen Grad geistiger Reife erreicht haben mussten, um ihren Gott nicht nur befreien, sondern ihm auch gegenübertreten zu können. So war es das Lebensziel eines jeden Herreach, während der gemeinsamen Betstunden die tiefste Trance zu erreichen, um Kummerog nahe zu sein, ebenso die höchste Konzentration, um sein Bild heraufzubeschwören. Eines Tages, dessen waren sich die Mitglieder des Cleros sicher, mit genügender Ausdauer, Geduld und geistiger Reife würde sich die Prophezeiung erfüllen. In ferner Zukunft …

Als die ferne Zukunft dann tatsächlich zur Gegenwart wurde, als der Riese Schimbaa endlich erschien, geschah das Unvorhergesehene: Die Prophezeiung erfüllte sich wortgetreu, doch daraus erwuchs keineswegs ein Leben in Überfluss und geistiger Erleuchtung.

Ganz im Gegenteil …

2.

Trokan, 1. März 1289 NGZ

Verluste

 

Caljono Yai glaubte nicht daran, betrogen worden zu sein. Sie gehörte zu jenen Herreach, die viele Dinge eher nüchtern betrachteten, ohne die kunstvolle Verpackung darum herum, und sich Änderungen gegenüber aufgeschlossen zeigten.

Dennoch war sie verunsichert. Sie hatte den festen Halt, auf den sie sich seit ihrer frühesten Kindheit gestützt hatte, verloren. Sie wusste, dass es vielen anderen Herreach ebenso erging – die Verwirrung war groß.

Die Welt der Herreach war völlig verändert – ja, zusammengebrochen. Nichts war mehr wie gewohnt und überliefert.

Caljono Yai war dabei gewesen, als der Riese Schimbaa herbeigebetet worden war, um das Tor zu öffnen und Kummerog zu befreien. Aber es war alles anders gekommen: In der Folge war der Tempel völlig zerstört worden, und an dessen Stelle war der sogenannte Pilzdom entstanden – aus dem dann wie erwartet Kummerog, der Gott, herausgetreten war. Doch zu welchem Preis!

Infolge einer gewaltigen Umweltkatastrophe war die große Stadt Moond weitgehend zerstört worden; Hunderttausende von Herreach waren verletzt worden oder hatten den Tod gefunden. In Moond herrschte Chaos.

Und es ging noch weiter: Kummerog, der anbetungswürdige Gott, hatte angeblich auf einer anderen Welt den Tod gefunden, und zum ersten Mal war der Glaube der Herreach nicht nur erschüttert, sondern auch geteilt. Der Cleros unter der obersten Künderin Presto Go glaubte weiterhin fest daran – und verbreitete diesen Glauben ungebrochen –, dass Kummerogs Geist in dem Pilzdom weilte.

Caljono Yai war ganz anderer Ansicht. Nach allem, was geschehen war, konnte es unmöglich Kummerog selbst gewesen sein, der den Pilzdom verlassen hatte. Ihrer Ansicht nach hielt sich der Gott nach wie vor noch körperlich innerhalb des Pilzdoms auf. Irgendwo tief darin gefangen.

Dadurch war es zum Bruch zwischen ihr und Presto Go gekommen …

 

*

 

Obwohl sie erst 33 Jahre alt war, trug Caljono Yai bereits die violette Kutte der Mahner und genoss einiges Ansehen, selbst unter den Clerea. Dieses Ansehen hatte sie sich allerdings durch ihren scharfen Verstand und ihre außergewöhnliche Begabung beim Gebet erworben. Anders als Presto Go hatte sie niemanden getötet, um diese Position einzunehmen.

Die oberste Künderin des Kummerog hatte ihre hohe Position nicht allein durch ihr Talent errungen, sondern auch mit Intrigen und sogar Mord. Niemand machte ihr daraus einen Vorwurf, sie hatte nun diese Stellung inne und konnte sie mühelos halten. Kein Mahner, Clerea oder gar einer aus dem Handwerker- oder Bauernstand wäre jemals auf die Idee gekommen, Presto Go für ihr Verhalten zu verurteilen. Sie hatte getan, was sie für notwendig gehalten hatte.

Caljono Yai war bisher nicht der Gedanke gekommen, jemanden zu beseitigen, der ihr im Weg war. Andererseits nahm auch kein anderer Mahner Anstoß daran, dass sie, relativ unerfahren, Presto Go als Vertraute so nahestand.

Der eine oder andere hatte zwar ein wenig gemurrt, jedoch Presto Gos Willen nicht widersprochen. Es hatte alles seine Richtigkeit.

Die junge Mahnerin erinnerte sich noch gut an das Gefühl des Stolzes, als sie die violette Kutte das erste Mal angelegt hatte. Sie war zu dem Zeitpunkt natürlich eine sehr streng gläubige Herreach gewesen und Presto Go bei den Gebeten bereits eine große Hilfe. Dies war ihre Hauptaufgabe, ansonsten sah und hörte sie von der obersten Künderin nur wenig. Das bekümmerte sie nicht weiter; sie war ohnehin die meiste Zeit damit beschäftigt, die Erfüllung der Prophezeiung herbeizuführen.

Zu dieser Zeit hatte Caljono Yai noch sehr wenig auf das alltägliche Leben der Herreach und den technischen Fortschritt geachtet. Sie bemerkte wohl, dass eine Menge Erfinder und Städteplaner häufig bei Presto Go ein- und ausgingen. Doch sie interessierte sich kaum dafür, da ihre Neigungen noch vollkommen auf das Religiöse ausgerichtet waren.

Mochten die gewöhnlichen Herreach solche Dinge tun, Caljono Yais Geist weilte stets in höheren, weit abgelegenen Sphären. Auf diese Weise wollte sie den Herreach zu Wohlstand und Glück verhelfen, indem sie die Vollkommenheit und den Weg zu Kummerog fand.

Damit gehörte sie zu Presto Gos eifrigsten Mahnern und Anhängern, die sich darüber hinaus für keinerlei weltliche Belange oder persönliches Ansehen interessierten. Presto Go löste so zwei Probleme auf einmal: Einerseits konnte sie ihre Position weiterhin halten, andererseits sammelte sie die fähigsten Gläubigen um sich, deren Gebetstrance ungeahnte Tiefen erreichte.

 

*

 

Dann wurde Caljono Yais stille, verträumte Welt zerstört, als die Prophezeiung sich erfüllte und die Katastrophen begannen. Die halbe Welt lag in Schutt und Asche, hervorgerufen durch furchtbare Stürme, Gewitter, sogar Erdbeben.

Von der Welt, wie die Herreach sie seit ihrer Jugend und aus der Geschichte kannte, war nichts mehr übriggeblieben – nicht einmal der Glaube an Kummerog, zumindest nicht in derselben Weise. Ihr Leben und ihr Denken hatten sich von einem Moment zum nächsten ändern müssen.

Der Untergang der Stadt Moond war nicht einmal das wahrhaft Erschütternde. Sicherlich hatte es etwas Ähnliches nie zuvor gegeben, aber die Häuser konnte man wieder aufbauen. Andere Herreach, die das Land verließen, würden in die Stadt ziehen und die Plätze der Verstorbenen einnehmen. Man konnte die Stadt wieder zu neuer Blüte bringen, und das ziemlich schnell, dank der Technik.

Doch es war noch etwas ganz anderes geschehen.

In der Prophezeiung hatte es geheißen, dass eine strahlend helle und eine dunkle Seite zum Vorschein kommen würden, wenn der Himmel sich öffnete.

Kein Herreach hatte sich jemals etwas Genaues darunter vorstellen können – Grenzen zwischen Hell und Dunkel gab es bei ihnen nicht, denn überall im Freien herrschte dasselbe angenehme dämmrige Zwielicht. Nur in den Häusern hatte man Lampen benutzt. Die Zeiteinteilung erfolgte durch den Wechsel zwischen Wachen und Schlafen; die meisten Herreach gingen zu denselben Zeiten schlafen und waren zu denselben Zeiten wach. Es war ein bestimmter Rhythmus, der sich im Laufe der Zeit ganz natürlich entwickelt hatte.

Doch das war nun vorbei. Jetzt gab es in ganz bestimmten Abständen Hell und Dunkel, und die Herreach hatten auf sehr schmerzliche Weise die Bedeutung dieses Teils der Prophezeiung erfahren müssen.

»Hell« bedeutete ein grelles, sengendes Licht, das von einer mächtigen Feuerkugel am unverschleierten Himmel strahlte und lange, tiefschwarze Schatten warf.

Caljono Yai erinnerte sich voller Grauen an den ersten Moment, als das brennende Licht sie voll getroffen hatte. Sie hatte gellend geschrien, doch ihre Stimme war noch in dem lauten Geschrei der anderen Herreach untergegangen. Sie waren geflüchtet, übereinandergerannt, hatten sich gegenseitig in größter Panik teilweise zu Tode getrampelt.

Die junge Mahnerin hatte geglaubt, dass ihre Augen ausgebrannt würden, dass ihre transparente, glatte Haut zu schwarzer Kohle verglühte. Sie war ins Bethaus geflüchtet, hatte sich in ihre violette Kutte gewickelt und die Kapuze übergeschlagen. Den Rest des Tages, während das grelle Licht andauerte, hatte sie sich nicht mehr gerührt.

Auf die furchtbare Helligkeit folgte eine tiefschwarze Periode, die Nacht genannt wurde. Es war so dunkel im Bethaus, dass Caljono Yai ihre eigene Hand nicht mehr erkennen konnte. Einen schrecklichen Moment lang hatte sie geglaubt, für immer von dem feurigen Licht erblindet zu sein, bis ihre Augen sich allmählich an die Dunkelheit gewöhnt hatten und sie in der Ferne, am Ende des Gangs zum Betfeld hinaus, den schwachen Lichtschein einer Lampe ausmachen konnte.

Vorsichtig hatte sie sich hinausgewagt, schon ein wenig getröstet, denn wo Licht war, gab es auch noch Herreach. Sie war nicht plötzlich allein auf der Welt, die einzige Überlebende der furchtbaren Katastrophe.

Niemand beachtete die junge Mahnerin, als sie das Betfeld betrat. Presto Go konnte sie nirgends entdecken, doch das war jetzt nicht wichtig. Sie bemerkte einen verklärten, entrückten Ausdruck auf den Gesichtern der anderen, deren Nas-Organe fast bis zur doppelten Größe aufgeplustert waren. Sie alle hatten die Gesichter himmelwärts gewendet und flüsterten leise, fassungslose Worte.

Caljono Yai folgte dem Beispiel der anderen und verharrte ebenso staunend wie sie, fassungslos murmelnd. Noch nie hatte sie solch ein Wunder gesehen; es lag fern von allem, was sie sich jemals vorgestellt hatte.

Der Himmel war schwarz und spannte sich wie eine Kuppel über die zerstörte, an vielen Stellen schwelende und brennende Stadt. Und in diesem Schwarz, wie in einem besonderen Stoff, funkelten und glänzten Millionen strahlender Lichter, von haarnadelklein bis kaum nagelgroß, und verbreiteten ein schwaches, sanftes Licht.

Vergessen war der Schock des sengenden Lichts, vergessen in diesem Moment sogar das Bewusstsein, dass die Welt nie wieder so sein würde wie zuvor, dass es nichts Vertrautes mehr gab.

»Was ist das?«, murmelte ein Clerea neben ihr. »Löcher im Himmel? Die Nebel sind fort, und kein verstreutes Licht ist mehr da, es ist zusammengezogen zu diesen Leuchtpunkten. Wie entstehen sie? Wo sind sie?«

»Es ist mehr, viel mehr«, wisperte Caljono Yai. »Es sind keine Löcher im Himmel, nein, das ist weit dahinter. Da gibt es noch andere …«

»Woher weißt du das?«, fragte ein anderer Clerea, der zugehört hatte.

Caljono Yai erwachte wie aus einem Traum und starrte den Priester verwirrt an.

»Ich weiß es nicht«, antwortete sie leise. »Der Gedanke kam mir so in den Sinn …«

 

*

 

Die Fremden tauchten auf, die von weit entfernten Sternen erzählten, von bewohnten Planeten, auf denen intelligente Wesen lebten, unvorstellbar fremd. Sie bezeichneten die Welt der Herreach als Trokan, und sie bezeichneten den Wechsel von Hell und Dunkel als Tag und Nacht. Sie erkundigten sich eingehend über Kummerog und brachten nach einiger Zeit die Kunde, dass der Gott auf einer anderen Welt umgekommen sei.

Eine Menge stürzte über die Herreach herein. Ihr gesamtes Weltbild brach zusammen, als sie erkennen mussten, dass sie nicht allein existierten. Sie mussten erkennen, dass sie nur ein winziger Punkt in einem endlos scheinenden Universum waren, eine kleine bewohnte Welt unter Milliarden. Sie mussten erfahren, dass sie nichts Besonderes waren, nicht einmal technisch weit entwickelt, da die Terraner mühelos ihre Welt verlassen und zu anderen Welten fliegen konnten.

Das Wort fliegen fliegen