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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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7.

8.

9.

10.

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 1869

 

Gesang der Kleinen Mütter

 

Alaskas Warnung – die Tolkander werden erneut aktiv

 

von Susan Schwartz

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

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Seit der Planet Trokan, der an Stelle des Mars um die Sonne kreist, aus dem Zeitrafferfeld auftauchte und sich eine völlig neue Zivilisation in direkter Nachbarschaft der Erde präsentierte, sind Ereignisse von großer Tragweite geschehen. Perry Rhodan, Reginald Bull und Alaska Saedelaere verschwanden im Pilzdom, gelangten auf die mysteriöse Brücke in die Unendlichkeit und wurden im Arsenal der Macht getrennt.

In der Zwischenzeit wurde die heimatliche Milchstraße Schauplatz einer merkwürdigen Invasion. Zuerst kamen die sogenannten Igelschiffe, deren Besatzungen rund 300 Planeten abriegelten und als Brutwelten nutzten. Nachdem die Bevölkerung von 52 Welten komplett getötet worden war, zogen sich die Invasoren an den Rand der Galaxis zurück.

Weitere 52 Planeten gerieten in den Bann der Philosophen, offensichtlich »Erzeugnisse« der bisherigen Brutvorgänge. Die Bewohner dieser Planeten wechselten vom sogenannten Kritzelwahn zur Todessehnsucht und träumten nur noch davon, zu sterben und damit in einer Wesenheit namens Goedda aufzugehen.

Erst ein Vorstoß der Aktivatorträger Atlan, Dao-Lin-H'ay und Myles Kantor ins Innere von Goeddas Traumblase brachte Hilfe: Es gelang der Gruppe, den Brutkosmos mit Hilfe einer Bombe zu vernichten. Wie es scheint, ist damit auch Goedda vernichtet. Doch dann stellen Erkundungskommandos fest, dass sich das Kritzelphänomen erneut manifestiert.

Anscheinend gibt es zumindest noch Reste von Goedda, von den Hunderttausenden von Raumschiffen der Invasoren ganz zu schweigen. Es kommt zum GESANG DER KLEINEN MÜTTER …

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Atlan – Der Arkonide sieht das Verhängnis auf die Galaxis zukommen.

Bré Tsinga – Die Psychologin von Sabinn sucht nach einer Lösung des Goedda-Problems.

Tom Clancy – Ein Besatzungsmitglied der FARGO.

Jafko – Der Husslar wird zu einem ernsten Problem.

1.

Botschaften

 

Der erste Impuls war:

Ich werde dich behüten und wieder groß machen, Kleine Mutter.

Und Jack und Jenseits-Jack sagten: »Wir werden eine Kleine Mutter erschaffen und wieder zu einer Großen machen.«

Und so sprachen Icci-Ecc und Jenseits-Icci-Ecc.

Und sie schritten aufeinander zu und berührten sich und verschmolzen.

Insgesamt einundfünfzigmal wurde gesagt: »Wir werden dich erschaffen, Kleine Mutter. Und dich behüten und wieder groß machen, Kleine Mutter.«

Und ihr Ruf wurde aufgenommen, von denen, die behüten und ernähren sollten. Und sie taten, was zu tun war. Nur Dreur und Jenseitsdreur blieben stumm.

Und dann verstummte ein zweiter Ruf, und der Gesang wurde nur noch von fünfzig weitergeführt. Doch unvermindert stark.

 

*

 

Am 7. August 1289 NGZ wurde von Arkon aus über alle möglichen Relais und Zwischenstationen ein Funkspruch nach Camelot geschickt. Von dort wurde er über die GILGAMESCH zur FARGO weitergeleitet.

Es war die Nachricht eines Totgeglaubten: Alaska Saedelaere, der einst zusammen mit Perry Rhodan und Reginald Bull nach Betreten des Pilzdoms auf Trokan verschollen war.

Caljono Yai, die Mahnerin der Herreach, hatte ihn nach Goeddas Ende auf einer einsamen Scholle in den Hyperraum davontreiben sehen und damit den anderen Zellaktivatorträgern eine erschütternde Mitteilung gemacht.

Und nun kam völlig unerwartet eine Nachricht von ihm!

Bré Tsinga spürte Atlans Erregung, obwohl der Arkonide sich äußerlich nichts anmerken ließ. Sie hatte bisher kaum jemanden kennengelernt, der sich so perfekt in der Hand hatte und nahezu alle Gesten und Regungen unterdrücken konnte. Nach außen hin wirkte der Arkonide stets gelassen, unnahbar und verstandesbeherrscht. Andererseits aber hatte er auch ungefähr 12.000 Jahre Zeit dafür gehabt.

Obwohl sie Alaska Saedelaere niemals kennengelernt und sich bis vor kurzem für seine Person ebenso wenig interessiert hatte wie für die übrigen Unsterblichen, war sie nun sehr gespannt auf das, was er mitteilte. Natürlich färbte Atlans Stimmung auch auf ihre empathischen Sinne ab.

»Der terranische Philosoph ist nicht mehr«, begann die Botschaft.

Es war allerdings nur eine Tonübertragung, seltsamerweise ohne Bild, so dass leider nicht zu erkennen war, in welcher Verfassung sich der Unsterbliche befand. Saedelaeres Stimme klang nahezu tonlos, mechanisch wie ein Roboter, der einen Einkaufszettel herunterleierte.

So ging es weiter: »Nach Goeddas Vernichtung nistete sich der Philosoph von neuem auf Arkon ein. Es gelang mir zusammen mit dem Traumtänzer, einem arkonidischen Jungen, ihn zu vernichten. Damit konnte ich die endgültige Metamorphose zwischen Dreur und Jenseitsdreur verhindern. Leider ist es noch nicht vorbei. Auch alle anderen zweigeteilten 51 Philosophen haben das Inferno in Hyperblasen überstanden und setzen nun alles daran, sich zu vereinigen. Wenn das geschieht, werden sie zu Kleinen Müttern, und das muss mit allen Mitteln verhindert werden!«

Alaska machte eine kleine Pause, als ob er den folgenden Satz unterstreichen wolle.

»Jede Kleine Mutter – ich wiederhole: jede – kann zu einer Großen Mutter von Goeddas Dimension heranwachsen. Um so größer ist die Gefahr. Es genügt nach den mir vorliegenden Informationen, wenn nur eine einzige Kleine Mutter zu einer Großen wird, um die gesamte Milchstraße zu vernichten. Bei 51 gibt es nicht die geringste Chance mehr, denn erst einmal mutiert, sind sie schon mächtiger als in der ursprünglichen Form. Es dürfte dann weitgehend ausgeschlossen sein, sie alle zusammen vernichten zu können. Daher muss die Metamorphose der Philosophen zu Kleinen Müttern unter allen Umständen verhindert werden. Dies ist nur möglich, solange sie noch schwach sind und sich nicht fest eingenistet haben. Die Zeit ist verdammt knapp. Ich bin nun in Sicherheit. Versucht nicht, mit mir Kontakt aufzunehmen oder nach mir zu suchen. Ich werde mich wieder melden, wenn es an der Zeit ist.«

Ende der Meldung.

 

*

 

Atlan starrte grübelnd vor sich hin.

»Worüber bist du besorgt?«, fragte die Psychologin. »Denkst du, der Absender ist ein anderer?«

Der weißhaarige Arkonide schüttelte den Kopf.

»Nein, es war zweifelsfrei Alaskas Stimme. Auch ohne Bild bin ich mir sicher, dass er es war. Caljono Yai hatte ihn damals auch ziemlich gut als Gefangenen des Hyperraums identifiziert – deshalb waren wir sicher, dass er dabei starb. Es ist ein Wunder, wie er das überlebt hat.«

Bré erinnerte sich an den Bericht über den Einsatz der Herreach auf Terra. »Leider wünscht er keine Kontaktaufnahme, deshalb muss diese Geschichte noch warten.«

»Das ist auch richtig so. Wir haben andere Prioritäten.«

»Soll ich die Nachricht in dieser Form an die übrigen Schiffe weitergeben?«, wollte Erle Thomas wissen.

Atlan winkte ab. »Es genügt, wenn ihnen die Art der Metamorphose der Philosophen mitgeteilt wird. Caljono Yai soll das ihrem Bericht noch anhängen. Myles Kantor und den anderen werde ich es persönlich mitteilen.«

»Ich werde eine Verbindung zur GILGAMESCH herstellen lassen.«

»In mein Quartier, bitte. In einer halben Stunde.« Er winkte Bré, ihn zu begleiten, und sie verließen die Zentrale.

»Wenigstens einmal eine gute Nachricht«, meinte die Psychologin unterwegs. »Es freut dich doch sicher, dass Alaska noch am Leben ist.«

»Sogar sehr«, nickte er. »Immerhin kennen wir uns schon sehr lange. Er hat in seinem Leben immer viel durchleiden müssen und war stets eine der tragischsten Personen von uns allen. Trotzdem hat er sich nie entmutigen lassen und uns oft ein Beispiel gegeben.«

»Leider wird diese frohe Mitteilung wieder überschattet. Du hast das den anderen in der Zentrale nicht so deutlich machen wollen, nicht wahr?«

»Wozu auch? Wie auch immer, es ist zu spät.« Resigniert hob er die Schultern. »Wir haben die Warnung zu spät erhalten, und jetzt können wir kaum mehr etwas tun. Von all den Rückschlägen, die wir bis jetzt bekommen haben, ist das der härteste.«

Sie schwieg. Es gab auch nichts mehr zu sagen. Und vielleicht nicht einmal mehr etwas zu tun.

Brés Unterkunft lag auf dem Weg zu Atlan, und er machte plötzlich den Vorschlag: »Vielleicht sollten wir es mal wieder mit Jafko probieren.«

Die Psychologin sah den Aktivatorträger überrascht an. Woher dieses plötzliche Interesse? Konnte er es nicht überwinden, dass diese Riesenkatze jeden mochte außer ihm?

»Gerne«, sagte sie. »Aber ich kann für gar nichts garantieren, das weißt du hoffentlich.«

»Versuchen wir's einfach. Jafko tut mir einfach leid, weil er die ganze Zeit eingesperrt sein muss.«

»Na ja, das musste er wegen Clark sonst während des Dienstes auch …«

»Da konnte er sich aber auf die Freizeit mit dir freuen«, versetzte er. »Ein eingesperrtes Tier widerstrebt mir einfach. Außerdem finde ich, dass er ein sehr faszinierendes und wunderschönes Wesen ist. Es wäre schön, wenn er sich auch an mich gewöhnen könnte; immerhin arbeiten wir nun für eine ungewisse Zeit zusammen.«

Die Schotten gingen auf, und Jafko stürmte freudig heraus. Er warf Bré beinahe um – aber eben nur beinahe. Es war immer wieder erstaunlich, wie unendlich behutsam diese riesige schwere Bestie mit einer zarten menschlichen Person umging.

Dann erst entdeckte er Atlan und zog sich in eine abwartende, aber nicht unbedingt feindselige Position zurück.

»Das ist doch schon ein gutes Zeichen«, freute sich der Arkonide.

»Der Meinung bin ich auch.« Bré wandte sich an Jafko und ließ sowohl ihre empathischen Sinne als auch ihre Stimme auf ihn einwirken. »Sieh mal, da ist Atlan. Er ist mein Freund, wie ich dir schon gesagt habe, und ich möchte, dass du freundlich zu ihm bist. Wenn du brav bist, darfst du mit uns kommen, dann bist du nicht mehr so allein. Das ist doch viel besser, oder? Also komm schon, benimm dich.«

Jafko stellte seine riesigen Luchsohren mit den dichten gelben Haarbüscheln steil nach vorne in Atlans Richtung.

»Das ist seine Art zu wittern«, erläuterte die Sabinnerin. »Diese gelben Haare sind höchstsensible Sinnesorgane.«

»Er ist also eine Art Empath wie du?«

»Ja. Wir haben eine starke Affinität zueinander, schon seit der ersten Begegnung.«

Atlan rührte sich nicht, streckte nur die rechte Hand ein wenig nach vorn aus. Der Husslar bewegte zögernd seinen Kopf auf diese Hand zu, seine goldgesprenkelten Augen blinzelten. Immerhin stellte er seine Halsmähne nicht auf, und auch ansonsten wirkte er zwar vorsichtig, aber nicht stark angespannt oder gar drohend.

»Jafko, du machst ein fürchterliches Gestell«, schalt Bré. »Was soll das denn? Nimm Atlans Witterung auf, beschnuppere seine Hand, und fertig. Er will doch sonst gar nichts von dir. Er wird dich nicht einmal streicheln, wenn du es nicht willst.«

Die langen Schnurrhaare der sechsbeinigen Riesenkatze bebten leicht, je näher der Kopf der ausgestreckten Hand kam.

Vermutlich wurde es Atlan ein wenig unangenehm, als die mörderischen Säbelzähne im gefährlich nahe kamen, aber er harrte geduldig aus.

»Na, Jafko«, sagte er leise und sanft, »so schlimm ist das doch gar nicht …«

Der Husslar beroch ausgiebig seine Hand und starrte dem Arkoniden dann direkt in die Augen. Atlan bemühte sich, nicht direkt zurückzustarren, um nicht aggressiv zu wirken. Er wich dem Blick weitgehend aus und rührte sich nicht.

Dann war der friedliche Moment vorbei. Vielleicht erwartete der Husslar zusätzlich zu der versöhnlichen Haltung eine Unterwerfungsgeste, das konnte später nicht einmal Bré erklären.

Ohne ersichtlichen Grund plusterte sich Jafkos Halskrause auf, und er begann furchterregend zu knurren.

Atlan zog seine Hand sofort zurück, aber nicht zu schnell, um den Jagdinstinkt nicht herauszufordern und als fliehende Beute deklariert zu werden. Er blieb weiterhin ruhig stehen.

»Jafko!«, schrie Bré und schlug dem Kater sofort mit der flachen Hand auf die Nase, bevor die furchtbaren Kiefer zuschnappen und Atlans Hand als Nachmittagssnack verspeisen konnten.

Er ließ sich ablenken, aber nur für einen kurzen Moment. Drehte den Kopf zu ihr, nieste und richtete die Aufmerksamkeit dann wieder auf den Arkoniden.

Die Sabinnerin reagierte gleichzeitig, stellte sich vor Atlan und reflektierte ihre Wut auf empathischem Wege. Als »Weibchen« durfte sie dem männlichen Husslar herausfordernd und aggressiv begegnen, um ihn zum Rückzug aufzufordern.

Ihre Emotionen schienen Jafko Schmerzen zu bereiten, denn er wich zurück und stieß ein klägliches Maunzen aus. Offensichtlich war er hin- und hergerissen zwischen Gehorchen und Angreifen.

»In die Kabine!«, befahl Bré. »Marsch!«

Der Husslar war sofort mit einem mächtigen Satz darin verschwunden, anscheinend froh, der Entscheidung enthoben zu sein und aus ihrem emotionalen, zornerfüllten Bereich zu entkommen. Die Schotten schlossen sich. Kein Laut drang heraus.

»Das war's«, wandte Bré sich Atlan zu. »Der letzte Versuch. Es hat absolut keinen Sinn.«

»Aber er hat sich doch bereits weitaus friedfertiger benommen«, übernahm Atlan erstaunlicherweise Jafkos Verteidigung. »Vielleicht gewöhnt er sich doch nach und nach an mich.«

Bré schüttelte den Kopf.

»Na schön, das nächste Mal geht es vielleicht zehn Minuten gut – und dann? Irgend etwas besteht zwischen dir und ihm, was unüberbrückbar ist«, sagte sie auf einmal direkt.

»Wie meinst du das?«, fragte er verwundert.

»Wie gesagt, ist er äußerst sensibel. Vielleicht erinnerst du ihn an die Trophäenjäger, die seine Eltern und Geschwister ermordeten. Vielleicht aber wittert er in dir ein Geheimnis, das er als Bedrohung empfindet.«

Der Arkonide lachte. »Das geht aber zu weit, findest du nicht?«

»Wieso?«, gab sie ungerührt zurück. »Was weiß ich schon über dich? Du bist so alt wie unsere Geschichtsschreibung. Und ich kenne dich lediglich aus dem Geschichtsunterricht.«

»Immerhin arbeiten wir bereits seit ein paar Tagen zusammen. Außerdem hast du mir glaubhaft versichert, dass du Empathin bist. Hast du denn das Gefühl, dass ich eine Bedrohung bin?«

»Nein«, gab sie zu. »Eine Bedrohung natürlich nicht. Aber ich sehe es nicht als meine Aufgabe an, dich bis ins letzte Detail zu sezieren und zu analysieren. Die meisten Tiere haben einen sehr guten Instinkt, und Jafko hat ein äußerst feines Gespür. Anders als ich kann er das nicht abschalten. Und ebenso wenig kann er sich zur Diplomatie überwinden – er ist nun einmal ein Tier. Vielleicht spürt er irgend etwas in dir, was ihm unbewusst angst macht. Wäre nicht das erste Mal, dass Tiere so etwas bemerken.«

»Nun, was auch immer das für ein Geheimnis sein mag, so ist es mir ebenfalls nicht bewusst. Ich denke, du interpretierst zuviel hinein oder suchst absichtlich nach Gründen, um sein Verhalten zu erklären oder zu entschuldigen. Das brauchst du aber nicht, denn ich akzeptiere Jafko, wie er ist. Wie käme ich dazu, ihm sein Empfinden vorzuschreiben? Ich bleibe dabei, dass er sich schlicht das Recht nimmt, jemanden abzulehnen und ihn daher so weit wie möglich außer seiner Reichweite zu halten.«

»Ich hab's ja befürchtet«, gestand Bré resigniert. »Aber wir können es leider nicht ändern.«

Inzwischen hatten sie Atlans Unterkunft erreicht. Gemeinsam warteten sie auf die Verbindung zur GILGAMESCH, die jeden Moment aufgebaut werden müsste.

 

*

 

Myles Kantor vernahm die Nachricht, dass Alaska noch lebte, mit großer Freude, doch wie bei Atlan währte sie auch bei ihm nur kurz.

Er teilte Atlans Ansicht, dass die Warnung zu spät eingetroffen sei, voll und ganz.