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Inhalt

Kapitel 1.

Kapitel 2.

Kapitel 3.

Kapitel 4.

Kapitel 5.

Kapitel 6.

Kapitel 7.

Kapitel 8.

Kapitel 9.

1.

„Zeigt’s den Bastarden!“

Der Ruf des Profos’ Edwin Carberry hallte über Deck. Aber er war im Grunde genauso überflüssig wie die Kaskade von barschen Kommandos, die er folgen ließ, Befehle brauchten eigentlich gar nicht mehr auf die Männer der „Isabella V.“ niederzuhageln und sie anzutreiben – sie befanden sich bereits in Fahrt, und zwar so sehr, als reite sie der Teufel höchstpersönlich.

Während ein Drittel der Crew weiterhin die Segelmanöver ausführte, hantierten die anderen zwei Drittel wie besessen und mit wutverzerrten Mienen an den Kanonen.

Philip Hasard Killigrew stand auf dem Achterdeck seiner Galeone und blickte mit dem Kieker achteraus. Durch das Okular erkannte er die Reste des Floßes, das einen Treffer erhalten hatte und auseinandergefetzt worden war. Er hatte die ehemaligen Sträflinge das Floß zimmern lassen und sie dann vor der Insel La Vache ausgesetzt. La Vache befand sich östlich querab vom südlichsten Zipfel der Westseite Hispaniolas, und ihre Konturen hoben sich als deutlicher Schattenriß ab. Sie lag nicht weit entfernt. Und doch hatte sich die Distanz für die elf Galgenvögel fast bis ins Unendliche vergrößert. Das Floß bestand nur noch aus Trümmern. Ein paar Kerle klammerten sich an die Balken und versuchten, die Insel zu erreichen.

Hasard wollte und konnte sich nicht mehr um diese Galgenvögel kümmern. Er mußte kämpfen.

Er brauchte den Kieker nur etwas weiter nach links zu richten, um den vordersten Angreifer in voller Größe vor sich zu haben. Es war eine der drei Schaluppen, die hinter der Landzunge hervorgeglitten waren, als sie die elf Kerle gerade außenbords befördert hatten. Sofort hatte eine Schaluppe das Feuer auf das Floß eröffnet und es voll erwischt. Aber dann hatte man sich nicht weiter um das Floßwrack gekümmert.

Tolldreist segelten die Schaluppen auf die Galeone zu. Grauweiße Pulverqualmwolken pufften über ihren Bordwänden hoch, und gleichzeitig erklang der Böller ihrer Geschütze. Wasserfontänen stiegen hinter dem Heck der „Isabella“ und vor ihrer Backbordseite auf. Sie hatte sich auf östlichem Kurs befunden. Aber jetzt hatte der Seewolf sie abfallen lassen und drehte sie mit einer Halse durch den handigen Südost. Er präsentierte den Schaluppen die imposante Breitseite der „Isabella“ – zwölf Culverinen auf der Kuhl, die auf Back und Achterdeck verteilten Drehbassen nicht mitgerechnet.

Sie mußten vom Wahnsinn befallen sein, die Kerle auf den Schaluppen. Es gab nur eine Sorte von Satansbraten, die unter derartigen Bedingungen bereit waren, eine Schlacht zu führen – Karibik-Piraten. Es würde ein Kampf bis aufs Messer werden, Auge um Auge, Zahn um Zahn.

„Jetzt haben wir sie wieder am Hals“, sagte Hasard zu seinem Bootsmann und ersten Offizier Ben Brighton. „Die ‚Brüder der Küste‘ haben seit der Schlacht in der Windward-Passage die Nase offenbar immer noch nicht voll. Scheint so, als sei unsere ‚Isabella‘ zur Zeit das begehrteste Beuteobjekt unter diesen Hunden.“

„Ist Caligu mit von der Partie?“ fragte Ben.

„Nein.“ Der Seewolf steckte den Kieker weg und trat hinter eine der Drehbassen auf dem Achterdeck. Caligu, der Teufel unter den Piraten, ließ sich noch nicht wieder blicken. Er leckte wohl noch seine Wunden. Aber Hasard nahm sich vor, die Kerle von den drei Schaluppen dort drüben stellvertretend für Caligu zu den Haifischen zu schicken. Er kochte innerlich und mußte sich bezwingen, nicht zu explodieren wie ein randvolles Pulverfaß.

Der Kutscher hatte weise Voraussicht geübt und gleich beim ersten Schuß der Piraten die Holzkohlefeuer in der Kombüse gelöscht – bevor ihn Carberry in der üblichen ruppigen Art dazu auffordern konnte. Jetzt rannte der Kutscher auf der Kuhl herum und streute Sand aus. Die Decksplanken vibrierten unter dem unrhythmischen Auf und Ab der Schritte, unter dem Trommeln von Stiefeln und dem Patschen nackter Fußsohlen. Der Kutscher wurde von seinen Gefährten beinahe über den Haufen gerannt.

Während er noch damit beschäftigt war, Segeltuchpützen und hölzerne Kübel mit Wasser bereitzustellen, hatten die Männer auf den Gefechtsstationen die Stückpforten hochschwingen lassen, die Laschungen gelöst und die Kanonen auf ihren Hartholzrädern ausgerollt.

„Deck!“ schrie Dan O’Flynn aus dem Großmars. „Die Hunde halten direkt auf uns zu!“

Al Conroy, Philip Hasard Killigrews Stückmeister, richtete eine der schweren Culverinen an der Backbordseite der Kuhl.

„Na wartet“, sagte er immer wieder. „Wartet bloß ab, kommt nur ’ran, ihr Bastarde, und wir zeigen euch, was für eine Stinkwut wir im Bauch haben.“ Er hatte Pulver in das Bodenstück seines 17-Pfünders gefüllt, so viel, daß das Gewicht des Pulvers der Hälfte des Kugelgewichts entsprach.

Al Conroys Gemütszustand entsprach der allgemeinen Stimmung der Crew. „Das hat man davon, wenn man Samariterdienste an Galgenvögeln versieht!“ rief Smoky. „Oh, hätten wir diese Schurken doch von Anfang an ihrem Schicksal überlassen!“

„Es ist zum Kotzen!“ sagte Gary Andrews.

„Ich hab die Nase gestrichen voll von Sträflingen, Piraten und ähnlichen Hurensöhnen“, meinte Blacky.

„Die Karibik ist ein Rattenteich“, pflichtete Stenmark ihm zähneknirschend bei.

Der einzige, der sich nicht äußerte, war Matt Davies. Er kauerte links neben Al Conroy an einem Geschütz und stieß mit verbissenem Eifer die Kelle, einen zylindrisch geformten Kupferlöffel, in das Rohr. Seine Miene wirkte steinern. Er zog die Kelle wieder heraus, nahm den Ansetzer und preßte mit erstaunlichem Geschick ein Knäuel Kabelgarn auf die Pulverladung. Mit seiner Hakenhand und der Schnittwunde in der Schulter trug er das derzeit größte Handikap an Bord und hätte allen Grund gehabt, sich nicht am Kampf zu beteiligen. Aber er wollte nicht zurückstehen.

Er war ein harter Mann, dieser Matt Davies. Er hatte sich binnen kürzester Zeit wieder erholt, wenn die Schulterwunde auch noch schmerzte. Der Halunke Vasco, einer, der von der aufgelaufenen Galeone geretteten Sträflinge, hatte sie ihm zugefügt. Matts jetzt grauer Haarschopf, vormals dunkelblond, zeugte von der grauenvollsten Nacht, die er durchgestanden hatte.

Vasco hatte ihn außenbords gestoßen, war dann selbst hinterhergesprungen und hatte ihm im Meer einen erbitterten Kampf geliefert. Der Seewolf hatte vorsorglich Balken und eine Gräting auswerfen lassen, während er nach Matt suchte. Die Gräting war zum Schauplatz des Zweikampfes und zum mörderisch umfochtenen Rettungsgerät geworden. Matt hatte die Messerwunde an der Schulter einstecken müssen, aber dann hatte er doch gesiegt.

Das Blut hatte die Haie angelockt. Sie hatten sich zuerst an Vasco, den Portugiesen, gehalten, hatten ihn in die Tiefe gerissen und verschlungen. Matt hatte sich auf die Gräting gerettet. Die gierigen Menschenfresser hätten auch ihm den Garaus bereitet, wenn nicht plötzlich das Beiboot der „Isabella V.“ zur Stelle gewesen wäre, das Boot, auf dessen Duchten er schließlich zusammengebrochen war.

Hasards Männer waren so aufgebracht gewesen, daß sie die verbliebenen 18 Sträflinge an Bord der „Isabella“ am liebsten einen nach dem anderen auseinandergenommen hätten. Doch der Seewolf hatte die Kerle das Floß bauen lassen. Es wäre die Ideallösung gewesen, die undankbaren Schufte auf der Insel Vache auszusetzen, wenn die Verzögerung ihnen nicht die Konfrontation mit den Piratenschaluppen eingebracht hätte.

„Ho“, sagte Al Conroy. „Sie sind flinker als wir, die Scheißpiraten. Sie können besser manövrieren. Aber wir haben vierundzwanzig Culverinen und zehn Drehbassen.“ Er hatte die Kugel in den Lauf eingeführt. Kabelgarn hielt sie in der richtigen Lage. Das Zündloch war bereits mit Pulver gefüllt. Die gleichen Vorbereitungen waren sowohl an den übrigen Geschützen der Backbordseite als auch an der Steuerbordseite abgeschlossen worden. Die Zugtaljen, die die Kanonen beim Laden festhielten, wurden gelöst.

Dann tönte wieder die Stimme des Profos’ über Deck: „Klar bei Lunten!“

Die Zündschnüre begannen zu glimmen. Knisternd fraß sich die Glut durch das trockene Material.

„Feuer!“

Die vorderste Schaluppe hatte sich hart am Wind aus südwestlicher Richtung dem Heck der „Isabella“ genähert und luvte jetzt an, um ihr gleichfalls die Backbordseite darzubieten. Mitten in das Wendemanöver hinein fiel das Wummern der Culverinen. Zwölf Feuerblitze stachen aus den Stückpforten der „Isabella“ hervor, zwölfmal warf der Rückstoß die Kanonen zurück. Die Lafetten wurden von den Brooktauen gestoppt. Donnernd jagten die Kugeln auf die Schaluppen zu.

Al Conroy zurrte seine Kanone wieder mit der Zugtalje fest, dann spähte er durch die Stückpforte und hielt sich dabei mit beiden Händen am Süll fest. Er sah, wie die Kugeln in die erste Schaluppe schlugen. Er wußte, daß seine Ladung mit dabei war, denn er hatte mit größter Präzision gezielt.

Er brüllte „Hurra“ und „Zur Hölle mit den Piraten und der Karibik“ und hätte Matt Davies beinahe vor Freude auf die Schulter gehauen. Im letzten Augenblick hielt er sich zurück.

„Das ist aber auch dein Glück“, sagte Matt. Er grinste so freundlich wie ein Haifisch.

„Zieh mir bloß nicht deinen Eisenhaken durchs Gesicht“, erwiderte Al.

„Ich kann mich beherrschen.“

Al beeilte sich, den 17-Pfünder neu zu laden. Auf dem Vorkastell und Achterkastell brüllten jetzt die Drehbassen los und deckten die Piraten mit neuem Feuer ein. Die Gegner heulten vor Wut.

Auf der vordersten Schaluppe ging der Mast in die Brüche. Eine Spiere zersplitterte und durchbohrte mit ihrem einen Ende einen Mann. Der Mann ging über Bord. Der Mast und das daranhängende Zeug hingen nach Backbord über. Die Schaluppe krängte erheblich, war manövrierunfähig und wirkte jetzt wie eine flügellahme Ente. Sie hatte außerdem einen Einschuß unterhalb der Wasserlinie sitzen.

Sie sank.

Die Piraten feuerten ihre Musketen auf die „Isabella“ ab. Sie gaben nicht auf. Sie waren Hunde der Verdammnis, und in ihrer Verzweiflung entwickelten sie einen unglaublichen Widerstandswillen. Sie zeigten, daß sie bereit waren, bis zum Äußersten zu gehen.

Während die erste Schaluppe immer mehr Wasser übernahm und querzuschlagen drohte, rückten die beiden anderen näher. Der Seewolf ließ die Halse vollenden, ging dann auf westlichen und gleich darauf mit halbem Wind auf südwestlichen Kurs, bis die Segel standen und die Galeone volle Fahrt lief. Auf Südwestkurs glitt die „Isabella“ dahin und präsentierte den Piraten ihre Steuerbordbreitseite.

Die beiden anderen Piratenschaluppen waren noch nicht nahe genug heran, um ihre Geschütze wirkungsvoll einsetzen zu können. Die „Isabella“ hingegen war eine schwimmende, feuerspeiende Festung, die von einem einzigartigen Kapitän und einer großartig aufeinander eingestellten Mannschaft uneinnehmbar gemacht wurde. Sie war ein Drachen, der dem Widersacher seinen Gift- und Feuerhauch entgegenspuckte. Die Reichweite der Stücke wurde voll ausgespielt: Die beiden noch unversehrten Piratenschaluppen fanden sich im dicksten Getümmel wieder, bevor ihre Besatzungen überhaupt zum Zug kamen. Das Blei flog ihnen nur so um die Ohren. Sie schrien Zeter und Mordio. Die zweite Schaluppe geriet in arge Bedrängnis, die dritte hingegen konnte sich durch geschicktes Manövrieren einem Treffer in die Bordwand entziehen. Eine 17-Pfünder-Kugel riß ihr lediglich ein Loch in die Fock, durch das ein Ochse seinen Schädel hätte stecken können.

Al Conroy, Matt Davies, Smoky, Gary, Blacky und die anderen auf der Backbordseite der „Isabella“ hatten derweil, genügend Zeit, ihre Geschütze nachzuladen.

„Jetzt wartet mal ab“, sagte Al. „Wenn wir wieder am Zug sind, knallen wir den Piraten ein paar Überraschungen vor die Schnauze. Griechisches Feuer zum Beispiel. Oder das hier – he, Matt! Steck doch nicht die Kugel in den Lauf!“

„Was hast du denn da?“ fragte Matt zurück.

„Eine Stabkugel mit Pulver drin. Wenn du die zu den Bastarden ’rüberjubelst und ein bißchen Feuer drangerät – dann gute Nacht, Marie.“

Matt ließ sich das nicht zweimal erklären. Er griff vorsichtig nach der Stab-kugel, die Al ihm entgegenhielt und ließ sie dann unter größter Behutsamkeit in das Eisenrohr seiner Culverine gleiten. Al zog jetzt alle Register: Er ließ sich vom Kutscher helfen, der mußte Kettenkugeln und Kastenkugeln über Deck schleppen und verteilen. Die Steuerbordbreitseite war abgeschossen und konnte jetzt ebenfalls mit Al Conroys „Überraschungen“ nachgeladen werden.

Die „Isabella“ ging über Stag, fiel ab und präsentierte den Piraten wieder ihre Backbordseite. Sie schien Arroganz und Überlegenheit zu beweisen, die schmucke Lady. Beinahe war es, als manövriere sie sich selbst durch die See – ohne Pete Ballie am Kolderstock, ohne Carberrys Flüche und Befehle, die den einen Teil der Besatzung immer wieder an die Schoten und Brassen purrten. Der Seewolf hatte gewußt, warum er damals, als dieses Schiff noch „San Josefe“ geheißen und die spanische Flagge geführt hatte, so scharf darauf gewesen war. Sie war behäbig, fast zu schwerfällig, die stolze Lady. Mit den früheren Schiffen Philip Hasard Killigrews ließ sie sich überhaupt nicht vergleichen, was Wendigkeit und gute Am-Wind-Eigenschaften betraf. Sie war ein dicker Raumschotsegler, aber ein überragend armierter! Und genau das brauchte Hasard. Unter den Ladeluken stapelten sich die in der Neuen Welt erbeuteten Reichtümer – ein Schatz kaum vorstellbaren Ausmaßes, der alles bisher Dagewesene in den Schatten stellte.

Unter den Karibik-Piraten hatte sich die Legende vom Seewolf und seinem immensen Schatz wie ein Lauffeuer verbreitet. Und Caligu hätte ihm das für England bestimmte Silber und Gold, die Juwelen und meisterhaft gearbeiteten Schmuckstücke sowie den sagenhaften goldenen Anker längst streitig gemacht, falls er, Hasard, ein weniger gut bestücktes Schiff unter den Füßen gehabt hätte.

Bei ihrem neuen Manöver glitt die „Isabella V.“ nun in östlicher Richtung ab und gewann wieder etwas Abstand zu den Schaluppen. Gischtende Wasserfontänen türmten sich hinter ihr und vor ihrer Backbordseite auf.

„Die Piraten schauen mal wieder in die Röhre!“ rief Al Conroy. Er rieb sich die Hände. „Aber wir nicht! Wir könnten ihnen noch auf eine halbe Meile Entfernung ein Ding verpassen, das sich gewaschen hat.“

„Quatsch nicht!“ sagte Matt Davies.

„Feuer!“ brüllte der Profos vom Quarterdeck.

Mit wahrem Donnergrollen brach es da aus den 17-Pfündern hervor. Rotgelbe Stichflammen leckten aus den Geschützrohren, stießen ihre Ladungen vor sich her und ließen beißenden Pulverqualm aus den Mündungen steigen. Der Qualm breitete sich in Schwaden über Deck aus. Al kriegte eine Ladung ab. Er hustete und rieb sich die Augen, dann lauschte er beinahe andächtig dem Heulen, mit dem sich die „Überraschungen“ ihren Weg zu den Schaluppen suchten.

Eine Kettenkugel erwischte die Fallen der Großrah der zweiten Schaluppe, riß sie weg, brachte die Spiere ins Taumeln und ließ sie schließlich mit Krachen auf das Deck schlagen. Der Seewolf und seine Männer vernahmen dieses Geräusch deutlich. Und sie hörten auch das Schmerzgeschrei der Verletzten und das Wutgeheul, mit dem die Piraten die Attacke quittierten.

Eine mit Pulver gefüllte Stabkugel mußte die erste Schaluppe getroffen haben. Sie war ohnehin schwer angeschlagen und hatte sich fast ganz auf die Seite gelegt. Als jetzt aber noch griechisches Feuer auf sie zuraste und auf ihr Deck niederging, als gleich darauf eine Stichflamme hochzuckte und danach eine zweite, größere Flamme himmelan stach, da wußte der Seewolf, was sich ereignet hatte. Es hatte eine Art Kettenreaktion gegeben.

Das griechische Feuer hatte die Pulverladung der Stabkugel gezündet. Funken waren bis ins Munitionsdepot gesprüht und hatten es in die Luft gejagt. Jetzt riß es die Schaluppe ein Stück aus dem Wasser hoch, fetzte sie auseinander und verstreute die wirbelnden Trümmer in alle Himmelsrichtungen. Es waren nicht nur Holz- und Eisenteile, die da flogen. Es befanden sich auch menschliche Gliedmaßen darunter. Ein einziger, vielstimmiger Schrei, der sich unter den dumpfen Schlag der Explosion gemengt hatte, war jetzt verstummt. Wen es buchstäblich auseinanderriß, der konnte nicht mehr schreien.

Stab- und Kettenkugeln, griechisches Feuer und Kastenkugeln – mit Musketenkugeln geladene Zinnbüchsen – deckten auch die zweite Schaluppe vollends ein und setzten ihr Deck und die Takelung in Brand. Im Nu war das Rigg vernichtet.

Nichts hielt die Überlebenden des Massakers an Deck. Sie sprangen ins Wasser. Die blutigen Leichenteile in der See lockten die Haie an, doch es bestand immer noch die Chance, sich vor ihren Mäulern auf die Insel La Vache zu retten.

Erste dreieckige Rückenflossen zeigten sich in der See. Sie glitten nicht sonderlich hastig auf die treibenden Menschenreste von der ersten Schaluppe zu. Sie fielen darüber her und gewährten dem kleinen Resthäufchen Piraten von der zweiten Schaluppe die Möglichkeit, schwimmend auf die Insel zu gelangen.

Blacky nickte. „Falls sie es schaffen, die Hunde, können sie sich auf dem Eiland mit den verfluchten Sträflingen herumschlagen. Die Kerle von der dritten Schaluppe kümmern sich jedenfalls nicht um ihre Kameraden.“

Die dritte Schaluppe hatte sich durch zwei, drei Kreuzschläge gegen den Südostwind aus der Gefahrenzone gebracht und schlich sich jetzt an das Heck der „Isabella“ heran. Ihre Besatzung wollte das Durcheinander ausnutzen. Und wirklich, die Crew der „Isabella“ wurde für eine Weile durch die grausigen Vorgänge drüben vor der Insel abgelenkt.

„Aus dem Landgang wird nichts“, sagte Matt Davies bissig. „Seht doch.“