cover
Mia Wallace

Dark Passion

Black





BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Vorspruch

Take Love, multiply it by Infinity, and take it to the dephts of forever,

and you still have only a glimpse of how I feel for you.

 

Stell dir die Liebe vor, dann multipliziere sie mit der Unendlichkeit, erweitere sie um die

Ewigkeit und du hast einen kleinen Eindruck von dem, was ich für dich empfinde.

frei aus: Rendezvous mit Joe Black

 

 

Prolog

 

Wie alles begann…

 

Es war eine kalte klare Winternacht kurz vor Weihnachten, als Violet in ihre dicke graue Winterjacke gehüllt das Hotel in Manhattan verließ.

Sie trat hinaus, auf die von Wolkenkratzern gesäumte Straße und blickte staunend an den imposanten Türmen aus Stahl und Glas nach oben.

Trotz der schneidenden Kälte, die New York um diese Jahreszeit fest im Griff hatte, war es großartig hier zu sein, dachte sie begeistert. Sie war zum ersten Mal in Big Apple und konnte gar nicht genug bekommen von der himmelstürmenden Megacity, die tatsächlich niemals zu schlafen schien.

Während Violet über den hellerleuchteten, von Nachtschwärmern und hupenden Yellow Cabs belebten Times Square und den Broadway ging, klebten ihre Blicke förmlich an den unzähligen bunten Reklametafeln und den gigantischen Betonriesen, die sich leuchtend in den dunklen Nachthimmel erhoben.

Zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte sie sich so richtig frei. Ganz anders, als in dem langweiligen Kaff in Minnesota, in dem sie aufgewachsen war, wo jeder jeden kannte und die Geburt eines Kalbs schon ein absolutes Highlight war.

Siebzehn Stunden hatte die Fahrt von Hayward nach New York gedauert, die Violet mit ihren Freunden auf sich genommen hatte, um sich im Washington Square Garden das Basketballspiel der New York Knicks gegen die L.A. Lakers anzusehen. Doch die lange Fahrt hatte sich echt gelohnt, stellte sie beeindruckt fest, während sie auf den überwältigenden Komplex des Rockefeller Center zuging.

Bevor sie morgen wieder nach Minnesota fahren musste, wollte sie unbedingt noch den festlich geschmückten Weihnachtsbaum auf dem Rockefeller Plaza sehen. Doch das war nicht der einzige Grund, der sie mitten in der Nacht aus dem Bett getrieben hatte, um ganz alleine zum Rock Center zu gehen. Sie hatte einen Traum gehabt. Einen Traum von einem gutaussehenden, geheimnisvollen Fremden, der auf der Eisbahn des Rockefeller Center auf sie gewartet hatte. Sie waren händchenhaltend Schlittschuhgelaufen, während dicke weiße Schneeflocken um sie herumtanzten. Es war, als wären sie Figuren in einer Schneekugel gewesen, und als wäre die Welt um sie herum langsam hinter einem nebligen weißen Schleier verschwunden…

Natürlich wusste Violet, dass es total schwachsinnig war mitten in der Nacht durch New York City zu laufen, um einen Typen zu suchen, von dem sie bloß geträumt hatte. Besonders, weil so ein nächtlicher Trip durch eine der unsichersten Städte der Welt sicher nicht ganz ungefährlich war.

Trotzdem hatte ihr der Gedanke, dass in ihrer Traumstadt vielleicht gerade ihr Traumtyp auf sie wartete, keine Ruhe gelassen. Und so war sie schließlich mitten in der Nacht aufgestanden, um ihn zu suchen.

Du hast manchmal echt einen Knall, Violet Young, machte sie sich über sich selbst lustig, während sie durch die Gasse mit den beleuchteten goldenen Engeln ging und dabei Ausschau nach ihrem Traumprinzen hielt.

Sie kam auf den großen Platz mit der Eisbahn, an deren Ende der riesige geschmückte Weihnachtsbaum vor dem blau angeleuchteten Turm des Rockefeller Center aufragte. Ein wundervolles Bild.

Es fing plötzlich an zu schneien und Violet blieb vollkommen verzaubert an der Balustrade über der Eisbahn stehen. Beinahe unwirklich hob sich der hellerleuchtete Platz von den dunklen Betonriesen ab, die ihn umgaben. Sie blickte hinauf in die tanzenden weißen Flocken. In diesem Augenblick hatte sie tatsächlich das Gefühl, als wäre sie in einer Schneekugel und als würde die Welt um sie herum für einen Moment stillstehen.

Violet schob sich die langen, blonden Haare über die Schultern und zog den Reißverschluss ihrer dicken Winterjacke ganz nach oben. Dann streckte sie ihre Hände aus, um die dicken weißen Flocken einzufangen. Obwohl ihr Traumtyp nicht gekommen und es eiskalt war, war es herrlich hier zu sein, dachte sie schwärmerisch, während sie den besonderen Geruch des New Yorker Schnees tief einatmete.

Lächelnd ließ sie die Schneeflocken durch ihre Finger rieseln und hörte die Musik, die aus einem der offenen Fenster der NBC-Studios im Rockefeller Center zu ihr hinunter drang: The Power of Love von Frankie Goes to Hollywood.

Violet schloss die Augen und lauschte dem romantischen Stück. Sie stellte sich vor, wie sie mit ihrem Traumprinz über die einsame Eisfläche lief und sie sich anschließend im Schneegestöber küssten, während Frankie Goes to Hollywood von seiner unsterblichen, todesverachtenden Liebe sang…

Das laute Hupen eines Yellow Cabs auf der 6th Avenue brachte Violet abrupt in die Wirklichkeit zurück.

Sie schlug die Augen auf und starrte auf die verlassene Eisbahn. Anscheinend war ihre Fantasie wieder einmal mit ihr durchgegangen, dachte sie enttäuscht. Sie schämte sich plötzlich dafür, dass sie hier so alleine im Schnee und in der Kälte stand und darauf hoffte, dass ein Typ, von dem sie bloß geträumt hatte hier auftauchen und sie entführen würde. Gott, sie war manchmal so naiv.

Sie begann auf einmal zu frieren und schlang beide Arme um ihren Oberkörper.

Plötzlich fiel ihr Blick auf einen Mann, der gegenüber der Eisbahn auf einer Mauernische direkt neben dem Weihnachtsbaum saß. Er hatte ihr den Rücken zugekehrt und rauchte allem Anschein nach eine Zigarre, weil der aromatische Rauch bis zu ihr herüberdrang.

Saß der Typ schon die ganze Zeit da? Sie hatte keine Ahnung.

Allerdings wunderte sie sich, weil er trotz der schneidenden Kälte keinen Mantel trug und die dicken Schneeflocken nicht auf seinem dunklen Haar und dem schwarzen Anzug liegenblieben, sondern sofort schmolzen.

Obwohl sie ihn nur von hinten sah, meinte sie an seiner selbstsicheren Haltung und der Art, wie er sich bewegte erkennen zu können, dass er sicher attraktiv war.

Ihr wurde auf einmal heiß und sie spürte ein komisches Gefühl in der Magengegend, während ihr Herz wild zu schlagen begann.

War er vielleicht der Mann aus ihrem Traum?

Er hatte so etwas Dunkles und Unnahbares, das sie enorm einschüchterte. Sie hatte keine Angst vor ihm, ganz im Gegenteil. Sie spürte, dass er sie wahrnahm, und sie hatte das Gefühl, als wäre er hier, um auf sie aufzupassen.

Violet schüttelte ungläubig den Kopf über diesen idiotischen Gedanken. Natürlich passte der Mann auf sie auf, dachte sie spöttisch, weil er wahrscheinlich einer der Securitys vom Rockefeller Center Sicherheitsdienst war und es sein Job war auf alles aufzupassen. Sie hätte fast lachen müssen, wenn es nicht so verdammt kalt gewesen wäre.

Sie stand immer noch an der Balustrade der Eisbahn und die Schneeflocken fielen unaufhörlich auf sie herab, als der Mann sich plötzlich erhob und auf sie zukam.

Ihr Herz setzte für einen Schlag aus, bevor es noch heftiger zu pochen begann.

In einem Anflug von Panik drehte Violet sich um und lief durch die Gasse mit den goldenen Engeln, während die Blicke des Fremden sie verfolgten.

Aus der Entfernung hatte sie sein Gesicht nicht gesehen, doch ihr Herz hatte ihn erkannt. Und hätte Violet geahnt, dass er der Mann war, von dem sie geträumt und den das Schicksal für sie bestimmt hatte, wäre sie in jener Nacht sicher nicht so überstürzt vor Alex davongelaufen...

 

 

Ein paar Jahre später

 

Mit schnellen Schritten ging Alex durch die schwach beleuchteten Straßen von Brooklyn.

Es war spät geworden, da sein letztes „Date“ ziemlich leidenschaftlich gewesen war und es ihm nicht leicht gemacht hatte seinen Hunger zu stillen.

Er hasste sein Leben, falls sein trostloses Dasein diesen Ausdruck überhaupt verdiente. Ohne Scotch, Zigarren und Sex würde er die eintönigen Nächte niemals überstehen – und ohne seine Arbeit, die ihm ab und zu noch das Gefühl gab ein Mensch zu sein.

Ein Mensch sein? War es das, was er wollte?

Er hatte keine Ahnung.

Während Alex an den eleganten Sandsteinhäusern der Brooklyn Heights vorbeiging, fiel sein Blick plötzlich auf ein kleines Geschäft, in dem um diese Uhrzeit noch Licht brannte.

Er verlangsamte seinen Schritt, während er an dem altmodischen Blumenladen vorbeiging, über dem in großen Buchstaben Mme Anouks Flowers stand.

Als er das hübsche Mädchen mit den langen blonden Haaren und dem engelgleichen Gesicht im Laden stehen sah, blieb er wie gebannt vor dem Schaufenster stehen.

Sie stand alleine hinter einer breiten Theke und sortierte ein paar Blumen, wobei sie gedankenverloren auf ihrer Unterlippe kaute.

Instinktiv ließ Alex seinen Daumen über seine Lippe gleiten, so als könne er auf diese Weise ihren schönen Mund aus der Gewalt ihrer Zähne befreien.

Er spürte auf einmal ein warmes Gefühl in seiner Brust und sein Herz begann auf ungewohnte Weise zu schlagen, während er das Mädchen wie gebannt betrachtete. Sie trug eine verwaschene Jeans-Latzhose mit einem weiten karierten Hemd darunter, und war ungeschminkt.

Ihr Gesicht war wirklich bildhübsch und sie hatte so etwas Unschuldiges, das ihn völlig überwältigte, weil es im absoluten Kontrast zu seinem abgründigen Charakter stand.

Alex ertrank förmlich in ihrem Anblick, und für einen Moment hatte er das Gefühl, als würde tatsächlich noch einmal die Sonne in der finsteren Nacht seines Lebens aufgehen.

Er atmete ihren Duft ein, der durch die Ladentür drang, die einen Spalt offenstand. Und er erbebte.

Es war ihr Duft!

„Mein Engel“, murmelte er erschüttert, ohne sich von der Schönheit ihres Gesichts lösen zu können. „Du hast ja keine Ahnung, wie lange ich dich gesucht habe.“ Seine tiefe dunkle Stimme bebte, und er konnte kaum fassen, dass sie es wirklich war.

Sie war das Mädchen, das ihm damals in jener besonderen Winternacht am Rockefeller Center davongelaufen war. Und er hatte den Glauben bereits aufgegeben, sie noch einmal wiederzusehen, nachdem er jahrelang jede Nacht dort auf sie gewartet hatte.

Ohne ihn zu bemerken, band sie die verschiedenen Rosen, Lilien, Nelken und Orchideen liebevoll zu einem Strauß zusammen, den sie anschließend in eine der Vasen auf der Theke stellte.

Ein Lächeln lag auf Alex‘ Lippen, während er sie hingerissen bei ihrer Arbeit beobachtete. Obwohl ihm die schönsten Frauen Manhattans zu Füßen lagen, hatte sein Herz noch nie auf eine von ihnen reagiert. Sie waren bloß Objekte für ihn, die dazu da waren seinen Hunger zu stillen. Doch bei diesem Mädchen, mit den großen blauen Augen und dem unschuldigen Ausdruck auf ihrem hübschen Gesicht war alles anders. Sie war sein Engel, den er nie wieder vergessen hatte, seit er sie damals im Schneetreiben Manhattans verloren hatte.

„Eines Tages wirst du mir gehören“, sagte Alex leise zu sich selbst und ließ seine Finger über die Fensterscheibe gleiten, so als wolle er sie durch das Glas berühren. „Mein wunderschöner Engel.“

Und als Violet den Blumenladen eine halbe Stunde später verließ, bemerkte sie den schönen Mann nicht, der sie bis nach Hause verfolgte, und jeden getötet hätte, der sie angerührt hätte...