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Michael Gärtner

Lederarbeiten

Heel

Impressum

HEEL Verlag GmbH

Gut Pottscheidt

53639 Königswinter

Tel.: 02223 9230-0

Fax: 02223 9230-13

E-Mail: info@heel-verlag.de

www.heel-verlag.de

© der deutschen Ausgabe:

2017 HEEL Verlag GmbH

© der Originalausgabe:

2015 Michael Gärtner

Originaltitel: Lone Wolf läderarbete

First published by Natur & Kultur, Sweden

Deutsche Ausgabe:

Übersetzung: Heike Merklein

Satz: gb-s, Königswinter

Coverdesign: Axel Mertens, Königswinter

Lektorat: Laura Wika von Czarnowski, Helge Wittkopp

Alle Angaben ohne Gewähr. Irrtümer vorbehalten.

Alle Rechte, auch die des Nachdrucks, der Wiedergabe in jeder Form und der Übersetzung in andere Sprachen, behält sich der Herausgeber vor. Es ist ohne schriftliche Genehmigung des Verlags nicht erlaubt, das Buch und Teile daraus auf fotomechanischem Weg zu vervielfältigen oder unter Verwendung elektronischer bzw. mechanischer Systeme zu speichern, systematisch auszuwerten oder zu verbreiten.

– Alle Rechte vorbehalten –

Printed in Slovakia

ISBN 978-3-95843-493-6

eISBN 978-3-95843-541-4

Inhalt

Impressum

Vorwort

Einleitung

Teil eins

LEDER

Gerben

Die Haut

Lederarten

Teil zwei

TECHNIK UND DESIGN

Werkzeugübersicht

Zuschneiden mit Schablonen

Lochen/Abtrennen

Färben

Kleben

Nieten und Knöpfe

Sattlernaht

Kantenmarkierung

Kantenziehen

Kantenpolieren

Schärfen

Formen

Punzieren

Eigene Designs

Teil drei

FLECHTEN

Einleitung

Lochband

Zauberband

Rundband

Peitschen- oder Ananasknoten

Anfertigen eines Stopperknotens

Rundknoten und Gauchoknoten

Teil vier

PROJEKTE

Schlüsselanhänger/Brieftaschenriemen

Geflochtenes Armband

Armband mit Silberknopf

Kartenetui

Handytasche

Schlüsselhalter für Gürtel

Lederschale

Geldbörse

RIEMEN FÜR BRIEFTASCHE

Kleiner Beutel

Schlüsselanhänger

Geflochtener Schlüsselanhänger

Geflochtener Brieftaschenriemen

Handytasche in Kuvertform

Rundgeflochtenes Armband

Messeretui

Brieftasche

Gürtel

Taschenuhr

Tragetasche

Kuriertasche

Weitere Informationen

Fachbegriffe in Deutsch und Englisch

Adressen für Leder und Werkzeug

Literatur

Danksagung

Vorwort

Mein Name ist Michael Gärtner und ich bin mit einem der besten Schuhmacher der 1950er und 1960er Jahre aufgewachsen – meinem Vater. In den 1950ern machte mein Vater eine Schuhmacherlehre bei Erik Andersson in Stockholm, einem talentierten und bekannten Schuhmacher in der fünften Generation, der oft für große Zeitungen Artikel schrieb, u. a. über Schuhpflege. Seine Schuhmacherwerkstatt befindet sich bis heute auf dem Hügel in der Hantverkargatan, ist jedoch seit einigen Jahren nicht mehr im Besitz der Familie. Nach Abschluss seiner Lehre, mit einem Prüfungszeugnis der schwedischen Handwerkskammer des Schuhmachermeisterhandwerks, eröffnete mein Vater seine eigene Schuhmacherwerkstatt in Kallhäll, nördlich von Stockholm.

Als kleiner Junge war die Werkstatt für mich ein spannender Ort mit Werkzeugen, Maschinen, Messern, Stanz- und Schneidemaschinen. Es war jedoch kein geeigneter Spielplatz für mich. Deshalb wurde ich meist mit ungefährlicheren Aufgaben betraut, wie in Säcken nach bestimmten Lederresten zu suchen. So konnte ich schon früh die unterschiedlichen Eigenschaften des Leders erforschen und die ver- schiedenen Qualitäten entdecken, wie schlaffes Bauchleder oder festes Rückenleder. Wenn mein Vater Zeit hatte, half er mir, etwas Interessantes herzustellen, wie einen langersehnten Cowboygürtel oder einen Pfeilköcher. Im Fernsehen liefen Bonanza und High Chaparral und Buck und Manolito waren meine großen Vorbilder. Ich war natürlich bei den anderen Kindern sehr beliebt, wenn ich mit einem „echten“ Cowboygürtel ankam.

Boris Gärtner poliert die Kanten einer neuen Ledersohle, Kallhälls Schuhmacherei 1957.

Nachdem er eine Reihe Urkunden erhalten und mehrere Wettbewerbe in der Kunst der Schuhmacherei gewonnen hatte, wurde meinem Vater ein Job im Land jenseits des großen Teichs angeboten. Die ganze Familie zog nach Charlotte, North Carolina, wo mein Vater 1968 den „National Silver Cup” des Shoe Service Institute of America gewann. Dieser Preis wird international vergeben und gilt daher als einer der anerkanntesten Preise in der Schuhmacherbranche. Nachdem er diesen Preis bekommen hatte, blühte das Geschäft und mein Vater brauchte Hilfe bei der Vorbereitung der Schuhe für die Reparatur. Ich half meinem Vater an den Wochenenden und den Feiertagen in der Werkstatt. Gummisohlen und Nägel mussten entfernt werden und die Ledersohlen vorsichtig gelockert. Nichts, was einem Jungen in meinem Alter wirklich Spaß gemacht hätte. Es dauerte eine Weile, bis ich ihm wirklich helfen konnte, aber als ich etwa 15 war, konnte ich fast alle vorbereitenden Arbeiten erledigen und mein Vater machte dann den Rest. 1974 nahm das Leben eine neue Wendung und wir zogen wieder nach Jakobsberg, nördlich von Stockholm. Mein neues großes Interesse war die Musik und wenn ich meine Lieblingsbands – Eagles, Pink Floyd und Led Zeppelin – hören wollte, musste ich viel Geld für eine LP hinblättern. Die heutigen Radiosendungen gab es noch nicht. Jetzt kam mir mein Können aus der Schusterwerkstatt meines Vaters zugute. Mit dem Geld für meine Arbeit in der Schuhmacherei in Jakobsberg konnte ich mein Interesse für Musik finanzieren. Dort habe ich nachmittags nach der Schule im Prinzip alles – und mehr – gemacht. Ich habe Schuhe repariert, Absätze und Sohlen gestanzt und Holzschuhe und Gürtel für den Verkauf angefertigt.

Shoe Service Institute of America
Silver Cup Issue 1968

Seit den 1960er Jahren wurden in den Geschäften die Qualitätsschuhe schrittweise durch günstigere ersetzt. Der Sinn für Qualität nahm stetig ab und immer weniger Menschen lassen ihre Schuhe reparieren, weil sie meinen, dass es sich nicht lohne. Wegwerfen ist jetzt selbstverständlich, was im Endeffekt bedeutet, dass wir oft zu viel Geld für minderwertige Schuhe ausgeben, die nach einer Saison abgenutzt sind und weggeworfen werden.

Ich glaube und hoffe, dass diese Haltung sich bald ändern wird. Immer mehr Menschen kaufen wieder Schuhe hoher Qualität, die auch länger halten. Ein solches Paar Schuhe kostet heute mindestens 200 EUR. Das Außenmaterial sowie die Innensohle bestehen aus echtem Leder und auch die Außensohle und der Absatz sind aus Leder mit Laufflächen aus Gummi gefertigt. Wenn diese Schuhe richtig gepflegt werden, halten sie Jahrzehnte. Aus diesem Grund sind sie auch umweltfreundlicher als „Wegwerfschuhe“.

Auch wenn ich heute nicht mehr mit Schuhen arbeite, trage ich das, was mein Vater mir beigebracht hat, doch immer in mir, unter anderem sein Gespür für Qualität und seine Gründlichkeit. Ich habe keine Sattlerausbildung und bin auch kein ausgebildeter Schuhmacher – ich habe mir alles bei meinem Vater abgeschaut oder selbst beigebracht. Etwas mit eigenen Händen anzufertigen, war schon immer ein großer Antrieb für mich. Dieses Buch soll die Leser für das gute Handwerk begeistern. Lederarbeit ist eine Kunst, die nie langweilig wird und nur von der eigenen Fantasie begrenzt ist. Der Arbeit Zeit zu geben und die notwendige Gründlichkeit an den Tag zu legen, das sind die Schlüssel zu einem guten Ergebnis. Das Gefühl, die eigene Brieftasche selbst entworfen zu haben, die Schablonen dafür angefertigt, das Leder zurechtgeschnitten und genäht zu haben, ist unbezahlbar!

Viel Erfolg!

MICHAEL GÄRTNER

Einleitung

Dieses Buch soll dem Leser die Grundkenntnisse rund um das Thema Leder und Lederhandwerk vermitteln. Es ist in vier Teile eingeteilt: Leder, Technik, Flechten und Projekte. Im ersten Kapitel wird das Leder als Material vorgestellt: Hier erfahren Sie etwas über den Gerbungsprozess, die Eigenschaften des gegerbten Leders sowie alles, was Sie vor dem Kauf Ihrer ersten Lederhaut wissen sollten. Der zweite Teil des Buches beginnt mit einer Präsentation der Werkzeuge, die für einfache Lederarbeiten benötigt werden. Die verschiedenen Arbeitsschritte, wie das Zuschneiden, Ausstanzen, Kleben und Nähen einer Sattlernaht, werden ausführlich beschrieben. Zu jedem Arbeitsschritt werden auch die zu verwendenden Werkzeuge beschrieben. Im dritten Teil werden das Flechten des Leders und seine zahlreichen Anwendungsbereiche vorgestellt. Verschiedene einfache Flach- und Rundbänder sowie Knoten und Knöpfe werden Schritt für Schritt beschrieben. Im vierten und letzten Teil können Sie alles, was Sie gelernt haben, in einigen Projekten testen, die einfachen zuerst und die etwas komplizierteren zum Schluss. Dieses Buch vermittelt Ihnen nur einige Ideen, seien Sie kreativ!

Teil eins

LEDER

Leder ist ein Material, das wir seit Jahrtausenden verwenden. Es ist beliebt, weil es sich natürlich anfühlt, haltbar ist und mit einer schönen Patina altert. Es ist kopiert und imitiert worden, jedoch niemals ersetzt. In diesem Kapitel wird kurz beschrieben, wie aus Tierhäuten frisch vom Schlachthof fertiges Leder wird – und all das zusammengefasst, was Sie wissen sollten, bevor Sie Ihr erstes Leder kaufen.

Gerben

Leder wird aus Tierhäuten hergestellt, die größtenteils Nebenprodukte oder Reste der Fleischindustrie sind. Das gilt beispielsweise für Häute von Rindern, Kälbern, Büffeln, Pferden, Schafen, Hirschen, Kängurus, Ziegen, Schweinen und Straußen. Statt auf der Abfalldeponie zu landen, werden die Häute gegerbt, um sie für die Herstellung zahlreicher Gegenstände nutzen zu können. Welche Art von Leder aus der aufbereiteten Haut wird, hängt davon ab, wie diese gegerbt wird – aus einer Kuhhaut zum Beispiel kann sowohl ein weiches Möbelleder als auch ein stabileres Leder werden, das sich sehr gut für die Projekte in diesem Buch eignet.

Vor der Bronzezeit – so glaubt man – wurden Fette und Hirnsubstanzen von erlegten Tieren zum Gerben von Häuten verwendet, genau wie die Indianer Nordamerikas traditionell ihr Wildleder behandelten. Oder das Leder wurde so konserviert, wie es die Eskimos heute noch tun, nämlich mit Urin. Das Gerben mit Pflanzenextrakten kam später und lässt sich bis in die frühen Flusskulturen, die vor 8 000 bis 10 000 Jahren existierten, zurückverfolgen. Wie der Mensch jedoch die konservierende Wirkung von Pflanzen entdeckte, ist unklar. Eine Theorie besagt, dass man an Tierhäuten, die längere Zeit in Wassertümpeln mit Herbstlaub gelegen hatten und an denen die Fäulnis ausblieb, einen Unterschied zu den Häuten sah, die keinen Kontakt zu Laub und Borke hatten.

Über die Jahrhunderte hat man unterschiedliche Gerbsäuren aus dem Pflanzenreich verwendet. Eichenrinde mit Salz war eine gebräuchliche Kombination, bei der es jedoch bis zu einem Jahr dauerte, bis die Häute fertig gegerbt waren. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts wurden diese und ähnliche Methoden mit pflanzlichen Extrakten beim Gerben verwendet, aber der Zeitaufwand war hoch und deshalb suchte man nach Alternativen, um den Prozess zu verkürzen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die Chromsalze Chrom-III und Chrom-VI entdeckt, die das Verfahren von mehreren Monaten auf einige Tage verkürzten. Anfang des 20. Jahrhunderts begann man mit der industriellen Chromgerbung von Leder und in der zweiten Hälfte des

20. Jahrhunderts ersetzte das chromgegerbte Leder das teurere pflanzlich gegerbte Leder.

Chromgegerbtes Leder erkennt man an der bläulichen Färbung auf der Unterseite. Diese nennt man auch „Wet blue“, da die blaue Farbe deutlicher hervortritt, wenn das Leder feucht ist. Chromgegerbtes Leder wird u. a. für Schuhe, Bekleidung und Möbel verwendet und macht heute ca. 90 % der gesamten Lederproduktion aus. Das hängt zum Großteil mit den wirtschaftlichen Vorteilen für die Gerbereibranche zusammen. Betrachtet man das Ganze jedoch aus einer höheren Perspektive, sind die Vorteile gar nicht so selbstverständlich: Chrom ist umweltschädlich, sodass zum Gerben nur Chrom-III zugelassen ist und für Chrom-VI ein weltweites Verbot gilt. Auch gibt es Gesundheits- und Sicherheitsaspekte für die Arbeiter in den Gerbereien der Niedriglohnländer, die uns in der westlichen Welt mit einem Großteil des von uns verwendeten Leders versorgen. Beim Endanwender kann chromgegerbtes Leder auch Allergien und Ekzeme hervorrufen. Andere Nachteile sind, dass das Leder in hohem Maße Schwermetalle enthält und dadurch nicht biologisch abbaubar und Abfall- und Entsorgungsprobleme verursacht, wenn Wegwerfschuhe auf der Mülldeponie landen.

Ich habe mich entschieden, für meine Arbeit lediglich pflanzlich gegerbtes Leder zu verwenden. Eine Entscheidung, die für mich eindeutig und selbstverständlich ist. Abgesehen von all den negativen Aspekten chromgegerbten Leders, bietet eine pflanzliche Gerbung viele Vorteile: den echten Ledergeruch, angefeuchtet lässt sich das Leder leicht um eine Schablone legen und wieder getrocknet hält es die Form und mit der Zeit bekommt es eine schöne Patina in dunklem Honigbraun.

Die bei der Gerbung verwendeten Pflanzenextrakte verleihen dem Leder eine helle, natürliche Färbung, die in Abhängigkeit mit der Zusammensetzung der Extrakte variiert. Dies, die Fettmenge der Haut und die ursprüngliche Farbe der Haut beeinflussen auch, wie das Leder altert und welche Patina es bekommt. Das naturfarbene Leder lässt sich auch in kleineren Stücken in jeder beliebigen Farbe färben, was billiger ist, als große Häute gefärbtes Leder zu kaufen. Es ist möglich, naturfarbenes Leder so zu gerben, dass es von Sonnenlicht unbeeinträchtigt bleibt und seine helle Farbe bei Verwendung behält. Viele schätzen jedoch ein Leder, das mit feiner Patina und schöner dunkelbrauner Farbe altert.

Mit der Zusammensetzung des Pflanzenextrakts kann die Gerberei auch die Dichte, Flexibilität und Schneidfähigkeit des Leders beeinflussen. Wenn Sie die Möglichkeit haben, sollten Sie die Gerberei selbst besuchen, um genau das gewünschte Leder zu erhalten. Beziehen Sie Leder direkt von einer Gerberei, ist es gut, sich dort nach den Eigenschaften des Leders zu erkundigen. Fragen Sie auch, wie das Leder altert, sodass Sie nicht Geld, Zeit und Mühe mit einem Projekt vergeuden, das dann in der Anwendung nicht die gewünschte Patina erhält.

Pflanzliche Gerbung ist nach wie vor ein langsamer Prozess. Dabei gibt es zwei weitverbreitete Methoden: Die Häute werden in verschiedene große Wannen getaucht, in denen sich Gerbflüssigkeit befindet, deren Stärke sich von Wanne zu Wanne erhöht. Diese Methode dauert mehrere Monate. Bei der zweiten Methode, der sogenannten Trommelgerbung, wird das Leder in großen Tonnen bewegt. Diese Methode ist schneller und die Prozesszeit beträgt heutzutage etwa eine Woche von der Haut bis zum fertig gegerbten Leder. In Tonnen gegerbtes Leder kann leichter beschädigt werden, aber es wird weicher und fülliger. Jede Gerberei hat ihr eigenes „Geheimrezept“ in Bezug auf die verschiedenen Pflanzenextrakte, das aus den Erfahrungen und Fertigkeiten mehrerer Generationen resultiert.

Die Zahl der Gerbereien, die noch heute pflanzlich gegerbtes Leder nach eigenem „Rezept“ herstellen, nimmt ab. Lederarbeiten im Hobbybereich können die Zukunft dieser Gerbereien zwar nicht sichern, aber ich möchte dennoch betonen, wie wichtig es ist, diese kleinen Gerbereien zu unterstützen. Sie stehen für Tradition, Handwerk, Fachkenntnis und Erfahrung von Generationen.

Gerben Schritt für Schritt

Wenn die Häute in die Gerberei kommen, beginnt ein wochenlanger Bearbeitungsprozess bis hin zum fertigen Leder. Insgesamt werden 25 verschiedene Bearbeitungsschritte vorgenommen, die hier der Reihenfolge nach kurz beschrieben werden (Sie brauchen sich das nicht zu merken, aber ich möchte die verschiedenen Arbeitsschritte des Gerbens nennen, um dessen Komplexität zu zeigen). Die kleinen Unterschiede im Gerbprozess machen die Eigenarten einer jeden Gerberei aus.

SALZEN Unmittelbar nach dem Schlachten, noch bevor die Tierhäute in die Gerberei kommen, werden sie gesalzen, getrocknet oder tiefgefroren.

SCHMUTZWEICHE Waschen.

HAUPTWEICHE Aufweichen.

KALKEN Die Haut wird aufgeschlossen und die Haare mit Hilfe von Natriumchlorid entfernt.

ENTFLEISCHEN Entfernen von Gewebe und Fleischresten, gleichzeitig grober Zuschnitt und Kennzeichnung der Partien der Häute.

SPALTEN Grobausrichten der Dicke, indem die Haut in zwei Schichten geteilt wird:

Oberspalt (Narbenseite)

Unterspalt (Spaltseite)

ENTKÄLKUNG Kalkreste werden entfernt.

BEIZE Reinigung der Haut.

PICKEL Senken des pH-Wertes (Vorbereitung für das Gerben).

VORGERBEN Weitere Vorbereitungen vor dem Gerben.

GERBEN Konserviert die Haut.

ENTWÄSSERN Entfernen des Wassers und Glätten.

FALZEN Feinjustieren der Fertigmaße.

BLEICHEN Entfernen der Rostflecke und Bleichen der Haut.

NEUTRALISIEREN Erhöht den pH-Wert, damit die Fette eindringen können.

NACHGERBEN Auffüllen von losen Partien in der Haut.

FETTEN Wiederherstellen des Fettes in der Haut.

FIXIEREN Senkt den pH-Wert, bindet die Fette.

AUSRECKEN Die Häute werden gestreckt und von Falten befreit, gleichzeitig wird das Wasser ausgepresst.

TROCKNEN Das Leder wird aufgehängt oder aufgespannt und teilweise getrocknet.

ZURICHTEN Das Leder wird für die abschließende Trocknung geglättet.

ENDTROCKNEN Trocknung auf ca. 15–18 % Feuchtigkeit.

VAKUUMTROCKNEN Das Leder wird in einem Vakuumtrockner gestreckt, dadurch wird die Oberfläche gefestigt und die Dehnbarkeit des Leders im fertigen Produkt reduziert.

ZUSCHNEIDEN Zuschneiden und Sortieren der Häute.

TROCKENZURICHTEN Um das Aussehen des Leders zu verbessern und es bei Anwendung zu schützen.

MESSEN Vermessen der Oberfläche der Häute, üblicherweise in ft² oder cm².

Die Haut

Etwas vereinfacht gesagt, besteht die Haut aus einer Oberseite, auf der sich das Fell befand (der sogenannten Narbenseite) und aus einer Unterseite (der sogenannten Spaltseite). Um einen größeren Ertrag aus einer Haut zu erhalten, kann die Gerberei die Haut beim Gerbungsprozess teilen bzw. spalten, dabei wird der untere Teil der Haut gelöst und die Gerberei erhält somit die doppelte Fläche an Haut. Der untere abgespaltene Teil lässt sich beispielsweise für Werkzeuggürtel verwenden, bei denen die Qualität nicht von Bedeutung ist. Für die Projekte in dem Buch wird ausschließlich Qualitätsleder von der schönen Narbenseite verwendet.

FÄRBUNG

Die Färbungen und Oberflächenbehandlungen, die in der Gerberei vorgenommen werden können, sind Anilinfärbung, Semianilinfärbung und Deckfärbung. Diese Begriffe sollten Sie kennen, wenn Sie Ihr erstes Leder kaufen.

Anilinfärbung Eine Durchfärbung des Leders, bei der die natürliche Oberfläche erhalten bleibt. Das Leder kann atmen und altert mit einer weichen herrlichen Lederstruktur. Die Oberfläche des Leders ist empfindlicher, da diese nicht behandelt wurde.

Semianilinfärbung Genau wie Anilinfärbung, jedoch ist die Oberfläche des Leders etwas fester und weniger empfindlich, da diese leicht behandelt wurde.

Deckfärbung Das Leder erhält eine vollständige farbbeschichtete Oberfläche, die unempfindlicher ist. Der Nachteil ist, dass das Leder viel von der Lederstruktur verliert. Narben im Leder nach Bissen und Wunden lassen sich mit Deckfarbe retuschieren.

ABSCHNITTE DER GEGERBTEN TIERHAUT

Die Tierhaut wird in drei Abschnitte unterteilt: Kern-, Hals- und Bauchleder. Das Kernleder, auch Croupon genannt, stammt von Rücken und Schwanzwurzel und hat eine gleichmäßige und feste Struktur. Die Fasern im Croupon sind kleiner und sitzen dichter. Es ist das Kollagen der Haut, das die Faserstrukturen bildet. Je dichter die Faserstruktur, desto fester und stärker das Leder. Leder von Hals und Flanke hat eine weniger dichte Faserstruktur und verfügt dadurch nicht über die gleiche Festigkeit und Beständigkeit. Auf der Spaltseite des Leders sieht man diese Unterschiede deutlicher als auf der Narbenseite. Die weniger festen Abschnitte (Hals und Flanken) haben ein eher „faseriges“ Aussehen – die kleinen Fasern, die das Leder bilden, sind größer und scheinen weiter voneinander entfernt zu liegen. Fährt man mit dem Fingernagel über das Leder, ist die Spaltseite bei Flanken- und Halsleder leicht anzureißen. Bei dem feineren Kernleder dagegen ist die Spaltseite bedeutend fester und nicht so leicht anzureißen. Das Kernleder hat auch nicht das gleiche „faserige“ Aussehen. Alle diese Unterschiede zeigen sich meist in der Nutzung: die schlechteren Flanken- und Halsteile dehnen sich leichter und verlieren die Form, auch sind Falten deutlicher als bei dem festeren Kernleder zu sehen. Dass die Haut abhängig davon, von welchem Körperteil des Tieres sie stammt, verschiedene Eigenschaften aufweist, ist der funktionalen Anpassung geschuldet. Um Hals, Nacken und Bauch braucht das Tier eine dehnbarere Haut. An Rücken und Schwanz ist das nicht notwendig.

Das fertige Leder wird als halbe Haut oder sogenannte Seite verkauft, wobei die Teilung entlang des „Rückgrats“ erfolgt. Sie kann aber auch in kleineren Teilen verkauft werden. Da die Qualität des Leders verschiedener Teile des Tierkörpers variiert, ist es auch für unterschiedliche Lederwaren geeignet. Für Gürtel und Riemen eignet sich Kernleder, da das Leder fest, verschleißbeständig und nicht dehnbar sein muss. Das schlechtere, oft schlaffe Flanken- und Halsleder lässt sich beispielsweise für Masken oder Skulpturen verwenden, die keiner Belastung ausgesetzt sind. Bei einigen Projekten wird Spaltseite auf Spaltseite geklebt, denn so ist nicht nur die schöne Narbenseite an beiden Seiten zu sehen, sondern das doppelte Leder ist auch stabiler.

Fakten

Hier einige Baumrindenextrakte und ihre Effekte bei der Alterung naturfarbenen Leders.

EICHE Ergibt ein graubraunes, festes, aber flexibles Leder.

KASTANIE Wird oft in Europa verwendet und ergibt ein festes Leder in mittelbraunem Farbton.

MIMOSE Wird aus der Rinde des südafrikanischen Mimosenstrauchs gewonnen. Üblich in den USA, wo es mit Quebracho zur Herstellung eines Leders mit einem rotbraunen Farbton verwendet wird, das bei Sonneneinstrahlung dunkler wird.

QUEBRACHO Extrakt eines südamerikanischen Baums, das ein fülliges aber etwas „schwammiges“ Leder mit rotbraunem Farbton ergibt.

FICHTE Wird vor allem in Mitteleuropa verwendet und verleiht dem Leder einen rotbraunen Farbton.