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Stefan Wellmann

Husch, husch!

33 sehr eilige Kürzestgeschichten


Meinen Kindern.


BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Statt eines Mottos

With a boulder on my shoulder

Feeling kinda older,

I tripped the merry-go-round

With this very unpleasing, sneezing and wheezing

The calliope crashed to the ground

 

Bruce Springsteen, Blinded by the light

 

Warnhinweis: Kürzestgeschichten

Bei einer Kürzestgeschichte handelt es sich um fiktive Texte (Prosatexte) von maximal zwei bis drei Seiten Länge, wobei diese Länge häufig nicht erreicht wird. Die Inhalte sind heterogen. Kürzestgeschichten sind nicht immer narrativ; wegen der extremen Kürze kann der Erzählstrang nur angedeutet oder gar nicht vorhanden sein. In diesen Fällen geht es eher um die Wiedergabe eines momentanen Eindrucks oder Gedankens. Ort, Zeit und Personen der Handlung sind nicht genau bestimmbar, sondern nur skizziert oder ganz offengehalten.

Die Autoren von Kürzestgeschichten entwickeln einen subjektiven, psychologischen Stil, sowohl was die Perspektive, als auch was die Wahl der Stoffe und Themen angeht. Auch satirische, surreale und groteske Elemente werden verarbeitet; die Texte bekommen (manchmal) einen experimentellen Charakter.

Ich selber verstehe die von mir verfassten Kürzestgeschichten als in Textform gegossene Flausen.

S.W.



Quelle: Wikipedia zum Stichwort „Kürzestgeschichte“ mit weiteren Nachweisen.





1. Ein Unglück kommt gern zu zweit

Sie hat im Laufe ihrer Ehe festgestellt, dass er nicht der richtige für sie ist. Da sie an Scheidung nicht in ihren kühnsten Träumen dachte, hatte sie die Idee, ihn ganz einfach zu vergiften. Sie wusste, dass sie das Rad nicht neu erfinden musste, denn es war ja schon da. Also besorgte sie sich eine bewährte Anleitung zum Vergiften und mischte jeden Tag immer etwas von dem Gift in sein Essen. Wie das dann im Einzelnen vor sich ging, also Dosis und die leidlichen Magenschmerzen, dass weiß ich alles nicht. Jedenfalls im Endeffekt klappte es ganz prächtig und sie war kurz davor, ein Problem weniger zu haben.

Was sie nun nicht wusste, denn die Eheleute führten keine ehrlichen Gespräche miteinander, auch er war zu der Einsicht gekommen, dass sie nicht die richtige für ihn war. Auch er verwarf den Scheidungsgedanken, wählte aber kein Gift, sondern ganz Mann, die Flinte. In der Vergangenheit hatte er diese schon so manches Mal - für diesen Kalauer muss hier Platz sein - ins Korn werfen wollen. Doch was sollte die Flinte da? Er beschloss, seine Ehefrau einfach und möglichst klassisch zu erschießen.

Gesagt, getan. Sie machten an einem schönen Tag einen schönen Ausflug ins Grüne und er nahm die Flinte mit. Um einen Hasen zu erlegen, wie er findig vorgab. Tatsächlich hatte er sie früher Häschen genannt. Und als Häschen ein paar Schritte vor ihm ging, sagte er »Häschen, guck mal!« und als Häschen guckte, schoss er ihr den Kopf weg. Allerdings blieb ihm nicht viel Zeit für Eigenlob. Denn schon morgens klagte er über Magenkrämpfe. Diese nahmen nun dummer Weise zu. Ich will es an dieser Stelle nicht lange spannend machen. Die Schmerzen wurden so schlimm, dass er noch an Ort und Stelle jämmerlich verreckte.

Was war das nur für ein Bild? Sie völlig kopflos und er schmerzgebeugt über sie liegend. Die Zeitungen sprachen von einer menschlichen Tragödie. Von einem versehentlichen Fehlschuss und einem anschließenden Herzversagen. Noch am Grabe lobte der Geistliche das heilige Sakrament der Ehe. Und die Kegelbrüder und -schwestern ließen sie beim nächsten Treffen mehrfach hochleben.

Ein schöner Schluss. Für alle Hinterbliebenen.