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Inhalt

Kapitel 1.

Kapitel 2.

Kapitel 3.

Kapitel 4.

Kapitel 5.

Kapitel 6.

Kapitel 7.

Kapitel 8.

Kapitel 9.

1.

„Alle Mann an Deck!“

Der Ruf Edwin Carberrys tönte durch die Gänge im Schiffsbauch und drang bis in die Räume des Vorschiffs, als wolle er die Wände zum Zittern bringen. Der Schrei bebte in Donegal Daniel O’Flynn nach. Aufgebracht, mit verstört aufgerissenen Augen, fuhr das Bürschchen von seiner Koje hoch.

„Verflixt und zugenäht! Was fällt dem bloß wieder ein, so einen Heidenspektakel zu veranstalten? Kann man nicht endlich mal seine wohlverdiente Ruhe haben?“

Smoky rekelte sich auf dem Lager neben ihm. Er setzte sich auf und rieb sich den Schlaf aus den Augen. „Der Seewolf wird schon seine Gründe haben, uns zusammentrommeln zu lassen. Vielleicht gibt’s wieder Verdruß. Los, bewegen wir uns.“

„Natürlich, aber ...“

Smoky blickte Dan halb mißtrauisch, halb amüsiert an. „Mußt du immer das letzte Wort haben? Oder willst du neuerdings mit süßem Sirenengesang geweckt werden?“

„Ach, red doch keinen Quatsch“, gab Dan verärgert zurück. „Ich meine bloß, nach einer Nacht wie der vergangenen könnte Hasard uns eine Mütze voll Schlaf gönnen. Die Wache, die zur Zeit oben auf Deck Dienst schiebt, hat ihre Ruhe gehabt. Nur wir müssen darauf verzichten. Aber bestimmt nicht, weil diese verdammten Piraten die Schnauze immer noch nicht voll haben und zu einem neuen Angriff rüsten. Ich glaube einfach nicht, daß in der Richtung etwas im Busch ist.“

Matt Davies, der dritte Mann im Raum, hatte sich erhoben. Er reckte seine beiden Arme, wobei die Hakenprothese, die die rechte Hand ersetzte, einen trockenen, knackenden Laut von sich gab.

„Die Wahrheit ist, daß Dan immer noch die zwölf Edelhuren im Kopf ’rumspuken“, sagte er zu Smoky. „Caligu, dieser Bastard von einem Piratenführer, hat sie bei sich auf der Karavelle, und ich wette meinen Kopf, daß unser Bürschchen sich in seinen Träumen eben die schönsten Hoffnungen gemacht hat. Er denkt, die Weiber geraten uns doch noch irgendwie zwischen die Finger.“

Matt grinste breit und behäbig. Smoky zeigte eine wegwerfende Gebärde.

„Hoffnungen? Was für welche denn? Wer noch grün und nicht ganz trocken hinter den. Ohren ist, der weiß doch überhaupt nicht, wie er’s im Falle eines Falles anzustellen hat.“

„Verdammt, jetzt langt’s mir aber!“ Dan ballte die Hände. Seine Augen schienen plötzlich Funken zu sprühen. Er zog ein Gesicht, als würde er jeden Augenblick Gift und Steine spucken. Er hatte eine Erwiderung auf der Zunge, fand aber keine Zeit mehr, sie auszusprechen.

Soeben erschallte wieder der barsche Ruf Carberrys: „Alle Mann an Deck! Hölle und Teufel, euch Rübenschweine ziehe ich die Haut in Streifen ab, wenn ihr nicht spurt!“

Matt und Smoky setzten sich in Marsch und verließen den Raum. Dan blieb nichts übrig, als sich ihnen schleunigst anzuschließen. Ein Teil seiner Wut verflog so schnell, wie sie in ihm aufgestiegen war, aber er zischte Matt noch von der Seite zu: „Laß mich ein anständiges Frauenzimmer unterkriegen, und ich führe dir vor, wie ein O’Flynn damit umspringt.“

Im Gang trafen sie auf Batuti, Karl von Hutten und die beiden Holländer, die ebenfalls für acht Glasen zum Ausruhen in die Kojen geschickt worden waren. Nicht einmal ein Drittel der Zeit war herum. Entsprechend verbiestert sahen die Männer aus. Sie hatten eine furiose Nacht hinter sich, eine Nacht, in der sie den Piraten noch einmal kämpfend gegenübergestanden hatten – diesmal auf du und du. Die Freibeuter unter ihrem brutalen Anführer Caligu hatten sich erdreistet, von der Insel Little Cayman zu der „Isabella V.“ überzusetzen und zu entern.

Philip Hasard Killigrew, der Seewolf, hatte schon vor Grand Cayman einen Sieg über sie errungen, indem er ihre beiden Schiffe versenkt und sie auf die Insel verbannt hatte. Doch dann hatte die gerissene Maria Juanita eingegriffen, Caligus Gunst für sich gewonnen und ihn dazu verleitet, zunächst die Zweimast-Karavelle „Isabella IV.“ zu besetzen und dann der „Isabella V.“ nachzusegeln.

Gold, Silber, Perlen und Edelsteine, unermeßlichen Reichtum hatten sich die Piraten von dem Überfall auf das neue Schiff des Seewolfs erhofft. Doch sie hatten nur Verdruß geerntet, und zwar knüppeldicken! Philip Hasard Killigrews Mannschaft war durch den Spanier Valdez gewarnt worden. Dieser hatte sich aus den Fängen Caligus retten können, bevor dieser ihn wie geplant kielholen konnte. Valdez hatte den Seewolf über alles ins Bild gesetzt, was er auf dem Schiff der Piraten erlauscht hatte.

Die Piraten hatten eine Abfuhr erhalten, an die sie sich noch ihren Lebtag erinnern würden. Reihum hatte es blutige Köpfe gegeben. Eine Anzahl der wüsten Kerle war getötet worden. Und der Spanier Valdez hatte der durchtriebenen Maria Juanita, die bei dem Überfall mit von der Partie gewesen war, einen Messerschnitt quer durchs Gesicht verpaßt. Das war eine Blessur, die die Fortsetzung ihres einträglichen Gewerbes in Spanien erheblich in Frage stellen würde.

Die Männer stiegen einen Niedergang hinauf, öffneten das Backbordschott im Vordeck und traten auf die Kuhl. Hier gesellten sie sich zu Blakky, dem Kutscher, Gary Andrews, Stenmark, Al Conroy, Valdez und den ehemaligen Karibik-Piraten, die sich bereits um den Großmast versammelt hatten. Arwenack, der Schimpansenjunge, enterte an den Webeleinen der Luvhauptwanten ab und landete mit einem genau berechneten Satz auf Smokys mächtiger Schulter.

Pete Ballie stand am Kolderstock, Jean Ribault hockte als Ausguck im Großmars. Ben Brighton und Ferris Tucker hatten sich neben dem Seewolf in Positur gebracht. Dieser verharrte hinter der Schmuckgalerie, die den Querabschluß des Quarterdecks zur Kuhl hin bildete. Er hatte die Finger um die hölzerne Handleiste gespannt und stand leicht vorgebeugt. Die Brauen über seinen eisblauen Augen hatten sich zusammengezogen.

Matt Davies wandte sich an Buck Buchanan, der sich gerade neben ihm befand. „Sag mal, was hältst du von dem Wetter?“

Buchanan, der nicht als ausgesprochener Schnelldenker bekannt war, hob den Kopf und hielt die Nase schnuppernd in den frischen Morgenwind. Die Sonne strahlte heiter vom Himmel. Die See war leicht gekräuselt, was aber nicht bedenklich stimmte, weil nirgendwo über der Kimm auch nur die geringste Wolkenbildung zu sehen war. Die „Isabella“ fuhr unter prall geblähten Segeln einen strammen Törn, mit Kurs nach Osten, und nichts deutete darauf hin, daß etwas diese Fahrt stören könnte. Es war ein richtig beschaulicher Tag im Spätaugust.

„Also“, sagte Buck. „Ich finde, mit dem Wetter haben wir heute gewaltig Schwein.“

Matt sog die Luft scharf durch die Nase ein. „Irrtum, mein Junge. Es braut sich etwas zusammen. Gewitterwolken ziehen auf. Das sagt mir mein Instinkt.“

Buck Buchanan kratzte sich am Hinterkopf und verstand kein Wort. Karl von Hutten hatte Matts Bemerkung mitgehört. Ernst wandte er sich an Dan O’Flynn: „Was deine ewigen Motzereien betrifft, hältst du jetzt am besten die Luft an. Hasard hat miserable Laune und könnte auf die Palme gehen, wenn einer von uns vorlaut wird.“

Dan zeigte eine nachdenkliche Miene. „Ja, das stimmt. Schließlich kenne ich ihn länger als du. Ihm scheint irgendwas gewaltig gegen den Strich gelaufen zu sein. Hoffentlich rückt er bald damit heraus, um was es sich dreht. Mir wird’s schon ganz kribblig unter der Haut.“

Der Seewolf wartete ab, bis auch der letzte Mann der Crew angetreten war. Dann ließ er einen Blick über die Gesichter der Männer wandern. Diese Augenblicke hatten etwas Bedeutsames, Beunruhigendes. Sogar Jean Ribault auf seinem luftigen Posten im Großmars schaute gebannt aufs Deck hinunter und hielt unwillkürlich den Atem an.

„Männer“, sagte der Seewolf, ohne die Stimme sonderlich zu heben. „Wir haben uns erfolgreich gegen die Piraten zur Wehr gesetzt und ihnen zum zweiten Mal eine Lehre erteilt. Ich bin deswegen stolz auf euch. Aber vor dem nächtlichen Kampf, gestern in den frühen Morgenstunden, ist etwas passiert, was ich nicht einfach so hinnehmen kann. Ich habe von Valdez erfahren, daß zu dieser Zeit die ehemalige „Isabella IV.“ an der Insel Cayman Grae vorübergesegelt ist, und zwar nordwärts zwischen Little Cayman und Cayman Grae hindurch.“

Dan O’Flynn konnte sich gerade noch rechtzeitg bezwingen, sonst hätte er jetzt einen Pfiff ausgestoßen. Er konnte sich ausmalen, auf was der Seewolf anspielte, jeder konnte es sich zusammenreimen, denn es gehörte kein besonderer Scharfsinn mehr dazu.

Trotzdem, Philip Hasard Killigrew fuhr fort: „Die Piraten entdeckten uns also in unserem Versteck, der kleinen, geschützten Bucht von Cayman Grae. Caligu lachte sich ins Fäustchen, ließ hochdrehen und eine Bucht im Norden der Nachbarinsel Little Cayman ansteuern. Den Rest wissen wir ja – wie Valdez sich aus seinem Gefängnis befreite, nach Little Cayman schwamm und von dort aus nach Cayman Grae mit einem Einbaum übersetzte und so weiter und so fort. Aber auf was es mir im Moment ankommt, ist folgendes: von jenem Zeitpunkt an war unser Schiff entdeckt – ohne, daß eine Menschenseele auf der „Isabella V.“ von dieser Tatsache auch nur etwas ahnte. Mir wurde jedenfalls nicht gemeldet, daß die Zweimast-Karavelle unsere Bucht passiert hatte, und darum hätte es ohne weiteres geschehen können, daß der nächtliche Überfall der Piraten gelang. Nur Valdez hat uns durch seine Warnung davor bewahrt.“

Stille lag über der Szene, als der Seewolf abbrach und sich zu Carberry umwandte.

Der Profos stand hoch oben auf der Poop, hielt die Arme verschränkt und erweckte einen höchst grimmigen Eindruck.

„Profos“, sagte der Seewolf. „Wie konnte deiner Meinung nach diese unglaubliche Unterlassung passieren?“

Carberry zögerte nicht mit der Antwort. „Ganz einfach. Der Posten, den wir als Ausguck an Land aufgestellt hatten, muß geschlafen haben. Jawohl, er hat gepennt wie ein fetter, vollgefressener Bär!“

„Und wer, Profos, hatte auf der Felsenspitze unmittelbar über der Bucht die Frühwache von vier bis acht?“

„Patrick O’Driscoll.“

Der Seewolf fuhr herum und fixierte den vierschrötigen Iren mit einem durchdringenden Blick. O’Driscoll stand etwas abseits am Backbordschanzkleid der Kuhl und schaute seinerseits zu dem schwarzhaarigen, blauäugigen Riesen herüber. Für einen Moment verfingen sich ihre Blicke ineinander. Dann senkte der Ire die Lider und sah auf die Decksplanken, als läge dort etwas für ihn parat, das den erdrückenden Vorwurf abschwächen und sein Verhalten rechtfertigen konnte.

Die Crew wurde unruhig. Dan O’Flynn wollte etwas rufen, aber Smoky stieß ihn an und zischte: „Halt die Klappe. O’Driscoll soll die Suppe selbst auslöffeln, die er sich eingebrockt hat. Schließlich hätten wir seinetwegen alle draufgehen können.“

„Patrick O’Driscoll!“ rief der Seewolf. Seine Stimme hatte sich verhärtet und war scharf geworden. „Du hättest die Piraten mit der ‚Isabella IV.‘ sehen und mir melden müssen. Hast du sie bemerkt – ja oder nein?“

Der Ire hob abrupt den Kopf. Sein Blick war flackernd geworden. Er wich seinem Kapitän mit den Augen aus, wies aber zu dem Spanier hinüber und schrie: „Verdammt noch mal, der Scheißkerl von einem Don lügt! Möchte wissen, was dem überhaupt einfällt. Der will sich doch nur aufspielen. Und überhaupt, schenkt ihr einem dahergelaufenen Phillip neuerdings mehr Glauben als mir, einem ehrlichen Seemann? Es ist gut möglich, daß die Piraten nördlich und nicht südlich der Insel vorbeigesegelt sind. Jawohl, so und nicht anders muß es gewesen sein!“

Valdez gab sehr ruhig zurück: „Dieser Mann spricht nicht die Wahrheit.“

O’Driscoll lief dunkelrot im Gesicht an. Er stieß einen heiseren Schrei aus und wollte sich auf den Spanier stürzen. Aber Batuti und Buck Buchanan waren neben ihm, packten ihn bei den Schultern und hielten ihn zurück.

„Lüge!“ schrie der Ire. „Das lasse ich mir nicht gefallen! Das brauche ich mir nicht bieten zu lassen! Was bin ich denn plötzlich für euch – ein Dreck? Wenn ihr mir nicht traut, braucht ihr bloß Bescheid zu sagen und ...“

„Ruhe!“

Die Stimme des Seewolfs schnitt ihm das Wort ab. Hasard stand immer noch auf seinem Platz hinter der Querbalustrade des Quarterdecks. Er sprach kühl und beherrscht.

„Willst du jetzt endlich meine Frage beantworten, O’Driscoll?“

„Habe ich doch schon.“

„Du hast die Piraten also nicht gesichtet?“

„Ich habe die Schnauze voll!“ brüllte O’Driscoll wieder los. „Gestrichen voll! Überhaupt, ich pfeife auf die Fahrt nach England. Ich will ausgezahlt werden.“ Er atmete heftig und blickte wild die Kameraden an, die ihn festhielten. „Laßt mich los, ihr Narren!“

Er befreite sich aus ihrem Griff, tat ein paar heftige Schritte am Großmast vorbei und stand direkt unter seinem Kapitän. Forsch blickte er zu diesem auf, aber sein Blick hatte immer noch jenen unsteten, flackernden Ausdruck. „Es ist mein gutes Recht. Ich habe die Schnauze voll und will meinen Anteil. Ich hab’s satt, ewig meine Rübe hinzuhalten. Ich will noch ein bißchen leben. Wenn du mich ausgezahlt hast, Kapitän Killigrew, kannst du mich auf Kuba oder Haiti absetzen. Dann sind wir fertig miteinander, und jeder geht seinen Weg.“

Carberry stemmte die Fäuste in die Seiten. Seine Stirn war finster umwölkt. „Das hast du dir fein vorgestellt, O’Driscoll. Aber so geht’s nicht. Wo bleibt hier überhaupt der Respekt?“

„Ich weiß, daß du mich nicht leiden kannst, Profos.“

„Du spinnst ja!“ sagte Carberry erbost.

„Wenn es nach euch ginge, könnte ich ruhig den Haien zum Fraß fallen“, schrie O’Driscoll. „Keiner würde auch nur einen Finger krümmen, um mir zu helfen. Keinem würde es leid tun, wenn ich verrecken würde. Ich ...“

Jetzt wurde es der Crew zuviel, jetzt rückten Smoky, Matt, Blacky und von Hutten und gleich hinter ihnen Batuti, Stenmark, Dan und einige andere vor, um ihre Meinung kundzutun. O’Driscoll wollte vor ihnen wegschlüpfen wie ein Aal, aber er verkalkulierte sich. Batuti verstellte ihm den Weg. Der riesige Gambia-Neger, Smoky und Blacky packten ihn von zwei Seiten und hielten ihn fest.

Karl von Hutten sagte: „Du schleichst wie eine Katze um den heißen Brei herum und redest total am Thema vorbei, Pat. Was soll denn dieses übertriebene Selbstmitleid? Mir scheint, du willst dich bloß rechtfertigen. Außerdem hast du keinen Grund, dich hier dermaßen aufzuplustern. Wenn du tatsächlich auf deinem Wachtposten nicht die Augen offengehalten hast, hätten wir alle Mann vor die Hunde gehen können.“

„Deine Schuld wäre es gewesen“, fügte Dan O’Flynn wütend hinzu.

„Dir sollte man die Hammelbeine langziehen“, sagte Smoky drohend.

Philip Hasard Killigrew hob eine Hand und brachte damit die Mannschaft zum Schweigen. „O’Driscoll, wenn es dein Wunsch ist, mit dem dir zustehenden Anteil unserer Beute irgendwo an Land zu gehen, so halten wir dich nicht. Bei der nächsten Gelegenheit erledigen wir das.“ Er blieb eiskalt und ließ sich nicht zu einer heftigen, unkontrollierten Erwiderung hinreißen. „Ich halte dich nicht“, sagte er noch einmal, „aber solange du unter meinem Kommando fährst, hast du dich unterzuordnen. Du hast die gleichen Pflichten wie die anderen. Auch beim Wachegehen. Ich frage dich jetzt noch einmal: Hast du die Piraten gesehen oder nicht?“

Hasards Worte verklangen und wichen einem lähmenden Schweigen, das sich ausbreitete und nur durch das gelegentliche Knarren der Blöcke und Rahen unterbrochen wurde.

Patrick O’Driscoll blickte erneut zu Boden. Er äußerte sich nicht.

Der Seewolf hob seine Rechte an und ließ sie dann wieder auf die Handleiste fallen. „Also gut. In diesem Fall muß ich annehmen, daß du wirklich auf deinem Posten geschlafen hast. Profos!“

„Sir?“

„Hiermit verurteile ich diesen Mann zu dreißig Hieben mit der neunschwänzigen Katze. Sie, Mister Carberry, führen die Züchtigung durch.“

„Nein!“ schrie O’Driscoll. „Das ist Unrecht! Das könnt ihr nicht machen!“

„Das Urteil wird sofort vollstreckt“, ordnete Killigrew mit donnernder Stimme an.

Der Profos stapfte den Niedergang vom Achterkastell zum Quarterdeck hinunter, marschierte auf die Kuhl zu und rief: „Auf der Kuhlgräting festbinden, den Mann. Hopp, hopp, kommt in Gang, ihr Himmelhunde. Dan O’Flynn, du bringst mir die Neunschwänzige!“

Patrick O’Driscoll, der roh und grobschlächtig veranlagte Ire, schlug plötzlich um sich. Damit warb er nicht gerade um Sympathie. Er handelte sich einen Boxhieb von Smoky ein, der ihn in die Seite traf. Batuti rammte ihm seine rechte Faust, groß wie eine Ankerklüse, gegen den Brustkasten, daß es krachte.

Sie packten O’Driscoll und zerrten ihn am Großmast vorbei zur Gräting. Hasard vefolgte ihr Tun vom Quarterdeck aus. Seine Miene war hart und unbeweglich, wirkte beinahe wie gemeißelt. Bislang hatte er es verabscheut, einen seiner Männer züchtigen zu lassen. Aber jetzt war es unumgänglich. Was O’Driscoll sich geleistet hatte, durfte er nicht durchgehen lassen. Die Crew war hervorragend und einmalig aufeinander eingespielt, Freundschaft schmiedete die Männer fest aneinander, und für ihren Kapitän hätten die meisten bedenkenlos ihr Leben hingegeben.